Eine Quellenstudie zur Idee der Gartenstadt. Zusammenfassung.
◾ Ebenezer Howard (1850–1928) gilt als Entwickler der sogenannten Gartenstadt. Seine Idee entstand als Reaktion auf überbevölkerte Industriestädte. In seiner Publikation “Garden Cities of Tomorrow” präsentierte Howard die Gartenstadt als Lösung für städtische Probleme. Die Vision kombiniert die Vorzüge von Stadt und Land, fördert soziale Harmonie und Gemeinschaft und setzt auf autarke Gemeinschaften. Seine Konzepte beeinflussten die globale städtebauliche Planung und betonen genossenschaftliches Eigentum. Doch vermutlich ist es so, dass Howards (von Beruf Journalist und Publizist) weniger Erfinder, sondern mehr nur Publizist eines bereits vorhandenen, vielschichtigen Ideenkonzepts moderner Industriegesellschaften war. Hier wird besonders auf die Vielschichtigkeit eingegangen, und wieviel von Howards Visionen geblieben ist, zeigt sich zum Ende des Fachaufsatzes.
Sir Ebenezer Howard
Sir Ebenezer Howard war ein bekannter britischer Sozialreformer. Er gilt als der Erfinder der sogenannten Gartenstadt, die eine Vision zu den seinerzeit überbevölkerten Industriestädten darstellte. In diesem Sinne war Howard ein Städteplaner, dessen Idee sich um die Jahrhundertwende (1900) rasch in Europa und weltweit verbreitete. Eines seiner wichtigsten Publikationen hatte den Titel: “Tomorrow. A Peaceful Path to Real Reform.” (1898). Im Jahre 1902 erschien davon eine Neuauflage unter dem Titel “Garden Cities of Tomorrow”, welches in deutscher Übersetzung vorliegt: “Gartenstädte in Sicht” Jena 1907.
Digitalisiert: HOWARD, Ebenzer: Gartenstädte in Sicht; 1907 >>
Der Inhalt der Publikation Garden Cities of To-morrow (Gartenstädte von Morgen)
In diesem Buch präsentiert Howard seine Vision der sogenannten Gartenstädte (Garden Cities) als Lösung für die städtischen Probleme seiner Zeit. Diese neue Art der Städteplanung sollte eine Verbindung zwischen Stadt und Land herstellen, um die Vorteile beider Lebensstile zu kombinieren. Dieses Ideal wollte neben der Wohnqualität aber auch die Verbindung zur werteschaffenden Industrie verwirklicht sehen, als eine Partnerschaft zwischen der Stadt, Landwirtschaft und Industrie. Diese Zusammenarbeit sollte die Grundlage für die Gartenstadt bilden, indem sie Arbeitsmöglichkeiten, frische Luft und landwirtschaftliche Ressourcen miteinander verbindet.
Die neuen Städte sollten so gestaltet sein, dass sie soziale Harmonie [1] und Gemeinschaft fördern.
Howard war der Ansicht, dass eine gut geplante Umgebung die Lebensqualität und das Wohlbefinden der Bewohner verbessern würde. Natürlich war das ganz sicher allgemeine Meinung jener Zeit, doch Howard publizierte sie idealisiert. Und so hatte “Howard’s Garden Cities of To-morrow” einen erheblichen Einfluss auf die städtebauliche Planung und die Entwicklung von Gartenstädten weltweit. Die Publikation von Howard trug dazu bei, das Verständnis von städtischer Lebensqualität und Stadtplanung zu prägen. Das Howard (Journalist und Publizist) als Erfinder der Gartenstädte gilt, ist wie bereits gesagt ein Mythos. Er selbst verwies in seiner Publikation “Garden Cities of Tomorrow” (1902) darauf, dass seine Ideen auf eine Weiterentwicklung älterer Konzepte beruhte (siehe [2]).
Konkrete Konzepte
Howards Konzepte waren nicht von allgemeiner Natur, sondern eher Detailliert ausgeführt. So war ein zentraler Aspekt die Idee eines Grüngürtels um die Stadt herum, der Landwirtschaftsflächen und Grünflächen umfassen sollte. Die Stadt selbst wurde von Howard mit radialen Straßen, Bahnstrecken und Wasserkanälen [3] geplant, die sich von einem zentralen Punkt aus erstrecken. In diesem Falle ermöglichten die Bahnverbindungen die Mobilität zu den Vorstadtsiedlungen und überhaupt erst die weitläufigere Planung der urbanen Umgebung. Die Geometrie seines Konzeptes erlaubt zudem jeweils kürzeste infrastrukturelle Verbindungen zwischen den einzelnen Kernzentren. Das heißt, Howards Idee schloss eine Art Trabanten- oder Satellitenstädte in seine Planung ein. Dies geschah jedoch nicht in dem Sinne, wie Satellitensiedlungen zum Beispiel in den 1960er Jahren vielerorts monströs entstanden. Seine Art vorgelagerter Stadtteile sollten nur eine begrenzte Bevölkerungsdichte aufweisen. Sien Vorgabe hierfür war die Beschränkung auf 2.400 Hektar Fläche und 32.000 Einwohner. Diese Trabanten-Städte sollten zudem auf einer eigenständigen autarken Verwaltung und Selbstversorgung basieren. Sie sollten nicht von einer Großstadt abhängig sein und keine Vororte im herkömmlichen Sinne darstellten.
Der britische Visionär entwarf sein Modell in radial angelegten Strukturen (Abbildung oben), die offensichtlich vielerorts Bewunderer fand. Diese Kreisstruktur ergab sich allerdings aus den Anforderungen der Verkehrsplanung der damaligen Industriegesellschaft. Diese sind durch die besagten Kanalsysteme [3] und Eisenbahnanbindungen gekennzeichnet. Maßstab für seine Planungen waren also nicht nur die Bedürfnisse der Arbeiter, sondern auch der Industrie. In diesem Sinne mag man dieses Konzept auch als eine Art “Grüne Industriestadt” interpretieren. Wer will, mag hierin also eine Weltverbesserunges-Idee im Sinne der Großindustrie sehen.
So ergibt sich auch die Ideen-Verbindung zu dem britischen Sozialreformer Robert Owen [1], der bereits gut 70 Jahre zuvor ähnliches erdachte. Owens Vision einer “Neuen Harmonie” zwischen Industrie und Arbeiterschaft (Bild unten) erinnert allerdings wenig an eine Gartensiedlung. Sie ist wohl mehr eine grüne “Wohnfabrik” und es steht durchaus die Frage im Raum, ob diese Konzepte den Menschen nicht eher mit einer Industriearchitektur vereinen wollten, als ihm ein Stück Natur zum Bewohnen zurückzugeben.
Bild 2) Das 70 Jahre ältere Modell: Robert Owens visionäres “New Harmonie”
Ähnliche Ideen
Dass Howard nicht der Erfinder der Gartenstadtidee war, wurde bereits festgestellt. Diese Idee war damals tatsächlich in Varianten weit verbreitet. Vergleichbare Publikationen waren ebenfalls vorhanden. So gab es beispielsweise von dem deutschen Publizisten Theodor Fritsch [4] den Vorwurf, dass Howards Gartenstadtmodell ein Plagiat seiner Ideen wäre. Fritsch publizierte 1896 unter dem Titel “Die Stadt der Zukunft” eine Schrift, die durchaus Parallelen zu Howards Konzept aufwies. Es ist jedoch auch möglich, dass sich solche radial strukturierten Entwürfe lediglich aus den bereits erwähnten Verkehrsplanungen ergaben, die damals durch Kanäle und Eisenbahnverbindungen geprägt waren und deshalb eine radiale Struktur ergaben [5]. So haben wohl Fritsch, wie Howard, lediglich die ältere Idee einer “New Harmony” [1] weitergeführt und publiziert. Und was wir heute gern als “Gartenstadt-Idee” idealisieren, war auch bei beiden eine gedachte Harmonisierung von Mensch und Industrie. So lesen wir etwa bei Theodor Fritsch [3]:
Denken wir uns eine solche neue Stadt auf industrieller Grundlage entstehend, so würde sie sich etwa in folgender Weise entwickeln. An einem Platz, der durch gute Eisenbahn-Verbindungen und durch die Nähe eines schiffbaren Flusses die Anlage begünstigt, entstehen einige Fabriken … mit den zugehörigen Arbeiter-Wohnungen … usw.
Übrigens machte sich die Form der radialen Städteplanung mit der Erfindung und Produktion erschwinglicher Personenkraftwagen bald entbehrlich. Die Einführung des Ford Model T in den USA hatte erhebliche Auswirkungen auf die Mobilität und die Struktur von Städten, wodurch im ähnlichen Sinne oft viel unkomplizierter (ohne Großraumplanung) grüne vorstädtische Siedlungen entstanden.
So wurde zum Beispiel in den späten 1920er Jahren als eine der ersten Planstädte des “Autozeitalters” eine Musterstadt in Radburn (New Jersey, USA) geplant und erbaut. Der Architekt Clarence Stein und der Landschaftsarchitekt Henry Wright entwarfen Radburn mit einem Fokus auf Fußgängerfreundlichkeit, Gemeinschaftseinrichtungen und einer Trennung von Fußgänger- und Fahrzeugverkehr. Radburn sollte als Gegenentwurf zu traditionellen städtischen Mustern dienen und stellte durchaus ein Art amerikanisches “Auto-Gartenstadt-Modell” dar, welches in den USA später vielfach kopiert wurde.
Genossenschaftliches, spekulations-freies Eigentum
Neben den städteplanerischen Konzepten betont Howard die Bedeutung von genossenschaftlichem Eigentum und Erbpacht als Mittel, um Wohnraum von Gewinnstreben und Spekulationen zu befreien und damit für die Gesellschaftsschicht der Arbeiter erschwinglichen Mieten, bzw. einen erschwinglichen Wohnraum zu schaffen. Natürlich waren diese Vorschläge nicht neu, zumal die moderne Genossenschaftsbewegung (welche der Brite Robert Owen [1] im im frühen 19. Jahrhundert aus der Taufe hob) durchaus ähnliche Ideale verfolgte. In Deutschland gab es bereits um 1850 Bestrebungen für den bürgerlich initiierten Sozialwohnungsbau, der anfangs durch gemeinnützige Aktiengesellschaften getragen wurde, was ein banken-unabhängiges Finanzierungsmodell darstellt. Daneben entstand eine Reihe von Vereinen und Stiftungen für den gleichen Zweck, der damals als Kleinwohnungsbau bezeichnet wurde [6]. Am Ende waren es vor allem die Baugenossenschaften, welche den Siedlungsbau ermöglichten, und von damals bis heute sind Wohngenossenschaften, Erbpacht- und Stiftungsmodelle weltweit die erste Wahl für freies Wohnen geblieben.
Fazit
Heute ist klar, dass die Idee der Gartenstadt eine Utopie war, wobei die moderne Städteplanung auf andere Art und Weise vieles dieser alten Planungsansätze verwirklicht hat.
Ich sehe in vielen der Gartenstadt-Konzepte und vor allem in denjenigen, wo das günstige Wohnen mit Kleingartenanlagen verbunden ist, das Steben nach Übersichtlichkeit und Autarkie verwirklicht. Das von Spekulationen entkoppelte Wohnen und äquivalent eine Grundversorgung mit Lebensmitteln, welche durch Eigenversorgung und nahe gelegene landwirtschaftliche Strukturen gegeben sind, mögen die Idee und Vision der Gartenstadt zusätzlich beflügelt haben [7]. Überhaupt sehe ich das Autarkiestreben als Kern-Konzept der Gartenstadtbewegung, das nicht unbedingt nur in neu angelegten Siedlungen umgesetzt werden muss.
Prinzipiell sollte die gesamte Daseinsvorsorge und lebensnotwendige Existenzgrundlage für das menschliche Dasein, ob nun staatlich, kommunal oder genossenschaftlich organisiert, frei von Spekulation und Gewinnstreben sein. Dieses schließt Steuern und Abgaben in sich mit ein. Letztlich ist dieses Grundrecht nicht immobil an einer Ort gebunden. Doch das Streben nach Unabhängigkeit muss auch von jedem Einzelnen gewollt sein. Sie verlangt Eigentätigkeit. Wer baut heute tatsächlich noch grundversorgend Obst und Gemüse selber an? Die Schwärmerei dafür ist groß. Aber selbst in der DDR (mit seiner Mangelwirtschaft und Mangelversorgung) bewirtschafteten trotz umfangreicher Förderung der Kleingärtnerei nur 17 Prozent der Menschen einen entsprechenden Kleingarten und 11 Prozent einen Haus- und Siedlergarten [8].
Anfang des 20. Jahrhunderts, bis weit in die 20er Jahre hinein wurden in Deutschland Gartenstädte oder ähnliche Siedlungen (Werksiedlungen, Freilandbewegung, Siedler- u. Siedlungshäuser) ganz bewusst in der Kombination mit Selbstversorgungsgärten angelegt. Und noch einmal deutlich ausgesprochen: mit der Möglichkeit, einen Teil der Nahrungsmittel selber anzubauen, folgte man tatsächlich auch dem Autarkie-Konzept Howards. Nur änderte sich spätestens seit den 1970/1980er Jahren die Nutzung jener Küchengärten hin zu Wohn- und Freizeitgärten. Aus autonomen Siedlern wurden heteronome Verbraucher und ihnen übergeordnet, von Banken abhängige Wohnungsgenossenschaften. Dazu braucht es keine Gartenstadt.
Kibbuz und Moschav – Die letzten echten Gartensiedungen?
Soweit mir bekannt ist, gab es eine echte Weiterentwicklung der Gartenstadt-Idee nur in Palästina und (nach Staatsgründung) in Israel, und zwar mit der zionistischen Bewegung, die sich in den 1920er Jahren noch eng mit etlichen deutsch-zionistischen Intellektuellen (z.B. Erich Mendelson, Richard Kauffmann, Lotte Cohn) verbunden sah. Immerhin wurde 1924 aus diesen Kontakten heraus in Jerusalem ein ganzer Stadtteil (Rechavia) [9] als “deutsche” Gartensiedlung errichtet. Das Flair von Rechavia war nicht nur grün, sondern auch sehr intellektuell geprägt. Schon am 1. April 1925 gründete sich hier eine Hebräische Universität und ist bis heute Beamten- und Universitätsstadt geblieben.
Howards Konzepte wurden von der Kibbuz-Bewegungen (die wichtigste ist Kibbuz-Hameuchad) aufgegriffen, teils mit Bauhaus-Prinzipien kombiniert und am Ende doch radikal und vor allem funktionierend in ihren Kibbuzim-Kommunen umgesetzt. Diese sind tatsächlich autarke Genossenschaftssiedlungen [10].
Der 1920 nach Palästina ausgewanderte deutsche Architekt Richard Kauffmann (1887-1958) entwarf ähnliche Konzepte, und zwar die Moschavim (Siedlungen). Das sind die bürgerlichen Varianten der sozialistisch geprägten Kibbuzim. Interessant dabei ist, dass auch hier der älteste Moschav Nahalal eine runde/ovale Struktur, wie Howards Gartenstadtmodell, aufweist. Nahal, das in seiner radialen Grundstruktur, wie eine Art Ring- und Fluchtburg wirkt, mag in dieser Funktionalität gewollt oder ungewollt, durchaus über das Wohnen und Arbeiten hinaus geplant worden sein (als Schutzfunktion). Wie lange sich das komplette Autarkie-Konzept (als übrig gebliebene Kern-Idee der Gartenstadtbewegung) auch in diesen Kibbuzim und Moschavim halten wird, ist heute nicht absehbar
[11]. Und wenn es echte “Gartenbau-Siedlungen” bleiben, hat Howards Vision am Ende doch reichlich Frucht getragen.
Quellen und weitere Erläuterungen
[1] “New Harmony” war eine Vision und ein konkretes Experiment, das mit dem britischen Unternehmer und Sozialreformer Robert Owen (1771–1858) verbunden ist. Robert Owen hatte die Idee, eine ideale sozialistische Gemeinschaft zu schaffen, die auf Prinzipien der Kooperation, Gleichheit und sozialen Reformen basieren sollte. Er träumte von einer Utopie, die er “New Harmony” nannte. Sein Experiment begann 1825 in der Stadt Harmony* im Bundesstaat Indiana in den Vereinigten Staaten. Robert Owen kaufte die Stadt und plante, sie in eine Modellgemeinschaft zu verwandeln. Die Vision von New Harmony umfasste Aspekte wie gemeinschaftliches Eigentum, kollektive Arbeit, Bildung und soziale Gleichheit.
Obwohl Owens New-Harmony-Projekt nicht erfolgreich war, hatte seine Vision weiterhin Einfluss auf die Diskussionen über soziale Reformen und alternative Gesellschaftsmodelle. Der Begriff “New Harmony” wurde metaphorisch verwendet, um auf ähnliche Utopien oder Gemeinschaftsexperimente zu verweisen, auch wenn sie nicht den Erfolg hatten, den sich ihre Schöpfer erhofften.
* Zuvor war die Siedlung ein Siedlungs-Experiment der streng-pietistischen Harmony Society, einer religiösen Gruppe unter der Führung von Johann George Rapp (1757–1847); stammend aus Iptingen, Baden-Württemberg.
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[2] PRIMAS, Ernst; Das Gartenstadtmodell – 100 Jahre Utopie versus Realität; Hamburg, 2003 (Graz, Universität, Magisterarbeit, 2002)
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[3] Interessant ist das Kanalsystem in in Howards Plan seiner visionären Gartenstadt (siehe dazu Bild 1). Mir erscheint es als eine Art Widerhall des sogenannten Kanalfiebers in England, bei dem etwa hundert Jahre zuvor spekulativ in ein System neuer Wasserstraßen investiert wurde, was sich spätestens mit der Erfindung der Eisenbahn als Fehlinvestition erwies. Allerdings könnte Howards Idee von autarken Gartenstädten diese Idee wiederbelebt haben, da zu einer wirklichen Autarkie auch der ungehinderte Zugang zur Mobilität gehört (zu verschiedenen Möglichkeiten der Mobilität). Letztlich gehören diese Wasserstraßen untrennbar zu Howards Musterstadt und in diesem Sinne wurden seine Ideen nirgendwo weitergeführt, geschweige denn umgesetzt. Das betrifft den ungehinderten Zugang zur Mobilität, wie auch das Grundmotiv der Autarkie.
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[4] FRITSCH, Theodor; Die Stadt der Zukunft. Mit einer farbigen Tafel und 14 Text-Abbildungen.; Leipzig 1896; Zitat oben auf Seite 16
https://books.google.de/books?id=BZZAAAAAYAAJ
Im Vorwort zur zweiten Auflage wirft Fritsch den Briten Ebenzer Howard das Plagiat seiner Ideen vor. Emil Theodor Fritsch (1852–1933) war Publizist (später auch Verleger) vorwiegend antisemitischer Schriften, die er ab 1887 verfasste. “Die Stadt der Zukunft” erschien 1896. Pseudonyme von Theodor Fritsch waren Thomas Frey, Fritz Thor und Ferdinand Roderich-Stoltheim.
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[5] Diese Kreisstruktur in der Stadtplanung war derart prägend, dass sie vermutlich auch in der Gartenstadt Marga, einer Werkssiedlung in Brieske bei Senftenberg (Brandenburg), übernommen wurde. Errichtet wurde dieses Gartenstadt-Projekt in den Jahren 1907 bis 1915. Allerdings fehlt in Marga das Eisenbahnnetz, welches diese radiale Planung eigentlich begründen müsste.
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[6] ALBERTY, J.; Soziales Leben; Reclams Universum Weltrundschau; 1911 (26.-30. Juni), Seite 307 ff. Übrigens zeigt sich in diesem Artikel auf Seite 308 ein bisher gänzlich unbeachteter Aspekt jener Zeit, welcher auf bessere Wohnverhältnisse drängte: “Die Rekrutierungsergebnisse [für das Militär] in den Großstädten und Industriebezirken mit ihren niedrigen Prozentziffern der Militärtauglichen sprechen eine beredte Sprache. Daß die traurigen Wohnverhältnisse, die eine Kürzung der Nacht- und Arbeitsruhe und damit vielfach eine Zerrüttung des Familienlebens herbeiführen, einer der Faktoren sind, die ungünstig auf die Militärtauglichkeit des heranwachsenden männlichen Geschlechts einwirken, kann einem Zweifel gar nicht unterliegen.”
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[7] Einen ersten kurzen Online-Beitrag verfasste ich zu diesem Thema im Jahr 2014: Die Idee der Gartenstadt.
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[8] STENGEL, Günter, HÖHN, Reinhardt; Ratgeber für den Gartenfreund; Berlin 1987 (Vorwort). Plan war den Versorgungsgrad mit dem Ziel zu erhöhen, dass pro 100 Quadratmeter Gartenfläche mindestens 100 Kilogramm Obst und Gemüse produziert werden sollte, inklusive Kleintierhaltung.
Dazu wurde ab den 1980er Jahren verstärkt ein Netz von Ankaufstellen der Kleingartenerzeugnisse geschaffen, was tatsächlich ein nützlicher Gedanke war, der zur Gartenstadt-Idee hinzuaddiert werden könnte.
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[9] HESSING, Jakob; [Jerusalem] Die schönen Westviertel; 3. Juni 2018 https://web.archive.org/web/20231017222907/https://www.zeit.de/kultur/2018-05/jerusalem-berlin-gartenstadt-rechavia-deutsch-juedische-geschichte
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[10] HIRSCHVOGEL, Stephanie; Die radikal moderne Stadt − Ein Kibbuz; 2020? https://www.stephaniehirschvogel.com/wp-content/uploads/2018/08/web_hvarch_pr_2012_kibbuz.pdf
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[11] Auch in der Jerusalemer Gartenstadt-Siedlung Rechavia war ursprünglich geplant, in jedem Grundstück zwei Drittel für Gemüse- und Blumengärten zu nutzen [8]. Sind die heute noch da?
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Weitere Quellen:
https://web.archive.org/web/20231104093153/https://de.wikipedia.org/wiki/Ebenezer_Howard
https://web.archive.org/web/20231203001944/https://de.wikipedia.org/wiki/Theodor_Fritsch
https://web.archive.org/web/20230531231948/https://de.wikipedia.org/wiki/Gartenstadt_Marga
https://web.archive.org/web/20230709160448/https://de.wikipedia.org/wiki/Rechavia
https://web.archive.org/web/20220527022832/https://de.wikipedia.org/wiki/Richard_Kauffmann
https://web.archive.org/web/20230426161600/https://de.wikipedia.org/wiki/Nahalal
Gartenstädte von Morgen – Eine kurze Quellenstudie zur Idee der Gartenstadt
Erstveröffentlichung des vorliegenden Beitrags:
https://web.archive.org/web/20240527095603/https://institut.inhortas.de/gartenstaedte-von-morgen
[1I26.01.24]