Bild: Bis wann kann man Grünkohl pflanzen? In den ersten Augusttagen ist es noch möglich.
Übrigens: Der Grünkohl (Brassica oleracea var. sabellica) nennt man mitunter auch Krauskohl, Blätterkohl, Winterkohl, Braunkohl oder die Feineren Sorten auch Federkohl … er hat also viele Namen; es gibt auch viele Sorten und auf die kommt es an.
[Grünkohl]
🌱 1. August, im Müglitztal bei Dresden. Ich stehe ratlos im Garten. Zwei schöne Sätze Grünkohl – sorgfältig vorgezogen und ausgepflanzt – sind dahin. Nicht Hagel, nicht Schnecken. Nein, die Pflanzen wurden schlichtweg weggefressen. Die Schuldigen sind rasch ausgemacht: Erdflöhe und einige kleine, schwarze Käferchen, die sich unermüdlich durch die Blätter bohren. Vermutlich handelt es sich um Kohlerdflöhe (Phyllotreta spp.) oder kleine Rapsglanzkäfer – beide fühlen sich bei trocken-heißem Wetter ausgesprochen wohl und lieben junge Kohlpflanzen.
Nur: Der Juli war keineswegs trocken oder heiß. Das Gegenteil war der Fall. Meine Vermutung: Die Insekten kamen mit dem heißen Mai, haben sich hier festgesetzt – und jetzt ist das Desaster perfekt.

Die Frage aller Fragen: Noch einmal säen – oder ist es zu spät?
Was tun? Noch einmal aussäen? Auf Jungpflanzen im Gartencenter hoffen? Oder ist der Zeitpunkt für dieses Jahr schlicht verpasst?
Die entscheidende Frage lautet: Kann man Anfang August noch Grünkohl pflanzen und mit einer nennenswerten Ernte rechnen? [1]
Pflanztermine und Literaturangaben – was gilt wirklich?
Die Literatur ist sich nicht einig: Während manche Quellen eine Pflanzung
- ab Mitte Juni bis Mitte Juli empfehlen [2], gehen andere
- bis „Anfang August“ [3].
Um auf der sicheren Seite zu sein, habe ich ein aktuelles Gartenbau-Fachbuch zu Rate gezogen [3]. Dort wird festgehalten:
Grünkohl – als Blätterkohl – benötigt je nach Sorte etwa 70 bis 100 Tage vom Auspflanzen bis zur ersten Ernte, bei später Pflanzung mitunter bis 120 Tage.

Pflanzungen bis Anfang August seien noch möglich – allerdings, so muss man schlussfolgern, wohl nur mit schnellwüchsigen Sorten. Und selbst diese benötigen bei später Pflanzung oft länger zur Entwicklung.
Besonders bei Auspflanzung im August sind Erfahrung, Standortkenntnis und gutes Timing gefragt. Boden, Klima, Tageslänge und Sortenwahl müssen gut zusammenspielen.
Palmkohl als Alternative – Versuch einer späten Kultur
Ich selbst werde dieses Jahr auf Palmkohl setzen* – eine elegante Sonderform innerhalb der Grünkohl-Varietäten (Bild unten). Er wächst rasch und üppig, hat ein schönes Blattbild und lässt sich vielfältig verwenden. *Wenn ich die Jungpflanzen bekomme.
Allerdings gibt es einen Haken: Palmkohl ist nicht ganz so frosthart wie klassische, norddeutsche Grünkohlsorten. Und die letzten drei Winter hier bei uns waren bitterkalt. Meine bisherigen norddeutschen Sorten (‚Ostfriesische Palme‘ u.ä.) haben der Kälte nicht standgehalten.
Doch da mir kaum Alternativen bleiben, werde ich erneut pflanzen – mit der Hoffnung auf einen milden Winter. Und sollte es doch wieder arktisch werden, bleibt nur eins: noternten und einfrieren. Diese Vorgehensweise empfehle ich auch Ihnen.
Sortenempfehlungen für die Spätpflanzung (Anfang August)
Hier eine Auswahl von Grünkohl- und Palmkohl-Sorten, die sich für die späte Pflanzung eignen – mit Angaben zu Entwicklungsdauer und Frosthärte:
- Sorte/Wachstumszeit/ Kälteresistenz/ Bemerkung
- Lacinato („Tuscan Kale“); 60–80 Tage bis ca. –10 °C; Palmkohl; robust, aber nicht extrem winterhart
- Red Russian; 60–80 Tage; bis ca. –15 °C Frühreif; auch für Baby Leaf geeignet (Babygemüse)
- Winterbor; 70–80 Tage; bis ca. –20 °C Hybride; sehr frosthart und zuverlässig
- Redbor; 70–80 Tage; bis ca. –10 °C Dekorativ und schmackhaft

Achtung bei der Sortenwahl: Industrie- vs. Hausgartensorten
Ein kurzer Hinweis zur Sortenwahl: Im Erwerbsanbau werden häufig sogenannte Mähsorten verwendet – sie werden vollständig geerntet, nicht über Winter gezogen und sind entsprechend nicht frosttolerant, dafür aber sehr schnellwüchsig. Solche Sorten führen im Hausgartenbereich oft zu Missverständnissen – vor allem dann, wenn man eine Überwinterung oder gestaffelte Ernte erwartet.
Fazit: Grünkohl ist kein Selbstläufer
Ich war lange der Meinung, Grünkohl sei eine der zuverlässigsten Kulturen im Gemüsegarten. Ein echter Winterklassiker, genügsam, robust. Und ja – er stellt vergleichsweise geringe Ansprüche an Boden und Klima. Doch der diesjährige Ausfall hat mir gezeigt: Auch Grünkohl braucht Erfahrungswissen.
Tipp zur Aussaat und Spätpflanzung
- Aussaatzeit für eine späte Pflanzung: ca. 15. Mai bis 15. Juni [2]
- Substrat: humusreich, nährstoffbetont – auch für Grünkohl nicht zu mager
oder:
Die spätere Direktsaaten im August/September…
…ist möglich für die Frühjahrskultur im kommenden Jahr. Diese Jungpflanzen werden im Beet überwintert und im Frühjahr zeitig gepflanzt.
Diese Form der Kultur fand ich in älterer Gartenliteratur erwähnt – im „Allgemeinen Gartenbuch“ von Theodor Lange (1926). Eine spannende Quelle, über die ich in einem späteren Blogartikel berichten werde. Neugierige können schon jetzt online im Original schmökern.
Und mein persönlicher Plan? Ich pflanze neu. Palmkohl. Jetzt. Und hoffe – auf einen gnädigen Winter.
Quellen und Hinweise
[1] Idealerweise sollten die Pflanzen ab Ende Oktober zu beernten sein, denn dann stoppt das Wachstum für die Winterruhe und es wachsen kaum noch Blätter nach – die ersten zarten Blättchen erscheienn erst Ende Februar an warmen, sonnigen Vorfrühlingstagen. Sie wiederm sind ideal für einen frisch angemachten grünen Salat.
[2] Buro/Meißner/Reinhold/Vaniceck; Freude am Garten; Berlin 1978; Seite 225
[3] LABER, H. / LATTAUSCHKE, G.; Gemüsebau; Stuttgart (Hohenheim) 2020; Seite 325 ff