Aprikosen richtig ernten. Der optimale Reifezeitpunkt. Und: Pfirsich, Aprikose oder Süßkirsche im kleinen Garten pflanzen?

Aprikosen in Stiegen

Der Juli ist der klassische Reifemonat für Aprikosen – und neben Süß- und Sauerkirschen zählt sie zu den ersten Baumfrüchten des Jahres.

Zwischen Frostschock und Fruchtlawine – Das Aprikosen-Dilemma im Hausgarten

🍑 Wer einen Aprikosenbaum (Prunus armeniaca) im Garten hat, kennt vermutlich auch das zentrale Dilemma: Entweder hat ein Spätfrost im Frühjahr sämtliche Blüten vernichtet – in dem Fall erntet man, wenn überhaupt, nur eine Handvoll Früchte. Oder aber der Baum hängt überreich voll, sodass man kaum weiß, wohin mit der Fülle.

Das eigentliche Problem folgt jedoch erst nach der Ernte. Denn wenn Aprikosen im Zustand der Vollreife gepflückt werden und dann ein oder zwei Tage auf ihre Verarbeitung zu Kompott oder Konfitüre warten, verfallen sie rasch – sie verderben schlichtweg. Frisch geerntet halten sie sich kaum länger als zwei bis drei Tage.

 

Aprikosen am Baum
Aprikosensorte ‚Ungarische Beste‘. Wann erten?

Daher werden Aprikosen bei uns selten vollreif gepflückt – es sei denn, man verarbeitet oder dörrt sie unmittelbar nach der Ernte.

Im professionellen Obstbau ist die Ernte im Zustand der sogenannten „Vollschale“ (also knapp vor der physiologischen Vollreife) Standard. Das sichert Transportfähigkeit und kurze Lagerzeit – auch wenn es ein kleines geschmackliches Opfer bedeutet.

Die Praxis im Erwerbsanbau

Im Erwerbsobstbau wird die Aprikose meist dann geerntet, wenn sie sich leicht vom Zweig lösen lässt, die Fruchtschale eine gleichmäßige Färbung aufweist und das Fruchtfleisch bei leichtem Druck nachgibt – ohne jedoch matschig zu wirken. Ideal ist ein Erntefenster von ein bis zwei Tagen vor der Vollreife [1]. So bleiben die Früchte ein bis drei Tage transport- und verkaufsfähig, ohne nennenswerten Qualitätsverlust.

Auch im Selbstversorgergarten sollte man sich an diesem Verfahren orientieren – vor allem, wenn größere Mengen Früchte konserviert werden sollen. Natürlich steht es einem frei, ausgewählte Früchte für den Frischverzehr voll ausreifen zu lassen: sonnenwarm, süß und saftig – ein Hochgenuss direkt vom Baum.

Plädoyer für den Pfirsich – oder doch die Süßkirsche?

Wer im Garten nur begrenzten Raum zur Verfügung hat, dem sei – mit gewisser Zurückhaltung – empfohlen, eher über die Pflanzung einer guten, kernlösenden Pfirsichsorte nachzudenken. Zwar können auch hier Spätfröste Schäden verursachen, doch gelten Pfirsichblüten im Allgemeinen als etwas robuster als die der Aprikose.

Zudem überzeugen Pfirsiche durch ihre etwas bessere Lagerfähigkeit, und auch im Hinblick auf Kompott oder Konfitüre stehen sie der Aprikose geschmacklich in nichts nach.

Als weitere Alternative bietet sich die Süßkirsche an – ein klassisches Frühobst, das ebenfalls direkt vom Baum genascht werden kann. In kleinen Gärten stellt sich mitunter tatsächlich die Frage: Pfirsich oder Aprikose? Oder doch lieber die Süßkirsche?

Kirschen am Baum
Süßkirschen. Auch nicht schlecht…

Zur Entscheidungsfindung sei angemerkt: Zeitige Süßkirschsorten sind kaum von Maden betroffen und somit ideal als unkompliziertes Naschobst. Zudem sind sie oft bereits vor Beginn der Sommerferien abgeerntet – ein nicht zu unterschätzender Vorteil für all jene, die gern verreisen.

Denn: Die Reifezeit der Aprikosen und Pfirsiche variiert je nach Sorte, Klima und Standort erheblich. In Mitteleuropa beginnt sie typischerweise im Juli und kann – bei späten Sorten – bis in den September hineinreichen. Wer also regelmäßig im Sommerurlaub ist, sollte die Wahl seines Obstgehölzes auch daran orientieren. 🍑

 


Herkunft und Geschichte

Übrigens: Wie viele unserer Kulturpflanzen – darunter etwa der Apfel oder verschiedene Gemüsesorten – stammen die oben genannten Obstarten aus Kontinetalasien. Die Aprikose (Prunus armeniaca) stammt aus Zentralasien, insbesondere aus Nordwestchina (z. B. Provinz Xinjiang) und angrenzenden Regionen wie Usbekistan und Kirgisistan, wo sie vor etwa 4.000–3.000 v. Chr. domestiziert wurde.

Die Süßkirsche (Prunus avium) hat ihren Ursprung im Gebiet zwischen Schwarzem Meer und Kaspischem Meer, vor allem in der heutigen Türkei, dem Kaukasus (z. B. Georgien, Armenien) und Nordiran, mit einer Domestizierung ab etwa 3.000 v. Chr.

Der Pfirsich (Prunus persica) wurde in China, insbesondere im Yangtse-Tal und Nordwestchina, bereits vor etwa 8.000 Jahren kultiviert.

Der Apfel (Malus domestica) stammt aus Zentralasien, insbesondere aus dem Tian-Shan-Gebirge in Kasachstan und Kirgisistan, wo die wilde Art Malus sieversii die Hauptvorfahrin ist und die Domestizierung in der Bronzezeit (ca. 4.000–2.000 v. Chr.) begann. Alle vier Obstbäume verbreiteten sich von ihren Ursprungsregionen über Handelsrouten wie die Seidenstraße nach Persien, in den Mittelmeerraum und nach Europa. Merkwürdig, dass so viele Kulturpflanzen aus Zentralasien stammen … oder?

Lies zu diesem Thema auch: „Garten der Germanen (8) – Der eurasische Steppengürtel.“

[1] Im professionellen Aprikosenanbau ist die Bestimmung des optimalen Erntezeitpunkts nicht nur eine Frage der Erfahrung, sondern auch eine präzise Wissenschaft. Neben visuellen Merkmalen wie Fruchtfärbung, Festigkeit und dem Ablöseverhalten vom Zweig kommt vor allem dem sogenannten Brix-Wert eine zentrale Rolle zu. Dieser Wert misst den Gehalt an löslichen Feststoffen im Fruchtsaft, wobei es sich größtenteils um Zucker handelt. Angegeben in Grad Brix (°Brix), entspricht 1°Brix etwa einem Gramm Zucker pro 100 g Flüssigkeit.
Ein Brix-Wert von etwa 11–13°Brix gilt im Handel als reifetypisch für Aprikosen, die für den Frischmarkt geerntet werden. Für die Herstellung von Konfitüren oder Kompott werden meist Früchte mit 13–15°Brix bevorzugt, während zur Trocknung oder für Destillate (wie Marillenbrand) sogar Brix-Werte von bis zu 18 erreicht werden können. Diese besonders süßen Früchte stammen meist aus sonnenreichen Lagen und werden gezielt überreif geerntet.

Gemessen wird der Zuckergehalt im Fruchtsaft mit einem Handrefraktometer, das in wenigen Sekunden eine präzise Aussage über den inneren Reifegrad ermöglicht. Das ist ein nützliches Gerät auch für den Kleingärtner (und eine super Geschenkidee und Spielzeug für Erwachsene). Auch im anspruchsvollen Hausgarten kann ein Refraktometer nützlich sein – nicht zuletzt, um gezielt Früchte für den Frischverzehr oder die Verarbeitung zu „Refraktometern…“

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