Die Phaseolus-vulgaris-Bohne
◾ Die Gartenbohne, die wir gewöhnlich als Gartenbohne, Busch- oder Stangenbohne kennen, wird in seiner botanischen Zuordnung Phaseolus vulgaris [1] als Gartenbohne bezeichnet.
Die Phaseolus-vulgaris-Bohne ist eine Art, von der es keine Wildform gibt. Sie stammt ursprünglich aus tropischen Regionen Amerikas stammenden und wird dort von den indigenen Bewohnern seit der Mittelsteinzeit (Mesolithikum, mindestens 7.500 v. Chr.) kultiviert [2].
Phaseolus bezeichnet die Gattung; Phaseolus vulgaris, die Art; und diese Art spaltet sich dann je nach Wuchseigenschaften und Verwendung in Sortengruppen auf.
Die Einteilung nach Wuchseigenschaften ist folgende:
- Buschbohnen, Fisolen (Phaseolus vulgaris var. nanus) – niedrig, wachsen ohne Stütze
- Einlochbohnen – starkwüchsige Sonderlinge, die einzeln gelegt werden
- Reiserbohne – sie brauchen schon Zweige mit Neben-Ästchen als Stütze
- Stangenbohnen – sie benötigen stabile Stangen oder ein entsprechend stabiles Gerüst
Ich bevorzuge Buschbohnen. Nur neben dem Spargel braucht es wegen der Licht-Konkurrenz die Klettervarianten. |
Die Einteilung nach Gebrauch
Die erste grobe Einteilung, welche ich vorschlage, ist die in:
Gemüsebohnen
Die Gemüsebohnen – jeder wird es wissen – sind diejenigen jungen Hülsen, die geerntet werden, in denen sich später Kerne (Speisebohnen, Trockenbohnen) entwickeln.
Kernbohnen (Trocken- bzw. Speisebohnen)
Zu diesen, also den ausgereiften Kernen, ist hier aus der Sicht der Selbstversorger folgendes zu sagen:
- Sie lassen sich leicht lagern;
- sie werden vor Nutzung in der Küche 24 Stunden lang in reichlich Wasser eingeweicht;
- sie sind gleichzeitig auch Samen, also Saatgut;
- sind sie nicht voll ausgereift, werden sie ohne Einweichen sofort verbraucht.
Die Varianten der Gemüsebohnen
Die Gemüsebohnen sind diejenigen jungen unreifen Hülsen, die geerntet werden, in denen sich später die Bohnen-Kerne (Trockenbohnen) entwickeln. Je nachdem, in welchem Jugendstadium die Hülsen geerntet werden sollten (Man kann sie immer auch voll zur Trockenbohne ausreifen lassen!), unterscheiden wir folgende Sortengruppen:
- Prinzessbohnen, zarten, langen, schlanken und gleichmäßig geformten grünen Hülsen aus und haben nur die Ansätze der Kerne. Es sind in der Regel früh reifende Sorten.
- Schwertbohnen sind durch ihre flachen, breiten Hülsen gekennzeichnet und haben nur minimale Ansätze von Kernen. Es sind früh reifende Sorten.
- Gemüse- bzw. Filetbohnen, Fisolen. Die meisten Sorten haben schon jung ausgebildete Kerne und deshalb haben ihre Hülsen einen runden Querschnitt.
- Gemüse- bzw. Speckbohnen. Meist gelbe Sorten mit dickfleischiger Hülse.
Und je nachdem, wie sich die geernteten Gemüsebohnen schnell mittels Zerbrechen oder Schneiden mit dem Messer verarbeiten lassen, finden wir noch die alte Einteilung in
- Brechbohnen und
- Schnippelbohnen.
Das ist eine starkwüchsige, rankende Schwertbohne aus Mexiko [3] |
Hülsen mit und ohne Fäden
Bekannt ist sicher, dass besonders alte Sorten “Fäden” an der Ober- und Unterseite der Hülse ausbilden können. Das ist oft bei sehr ertragreichen Kern-Sorten der Fall, von denen die ausgereiften, trockenen Hülsen geerntet werden. Hierbei sind die Fäden irrelevant.
Wenn möglich, sollten wir fadenlose Sorten wähen! |
Haben wir also eine Sorte erwischt, die Fäden hat, wurde sie früher in erster Linie vermutlich als Trockenbohne angebaut und von ihr nur als Neben-Nutzung ganz junge – noch fadenlose Hülsen.
Insofern ist die Gruppe der Brechbohnen interessant, weil man beim Zerbrechen der Hülsen auch sofort bemerkt, ob sie Fäden hat. Theoretisch müssten dann die Schnippelbohnen vorzugsweise fadenlos sein, weil wir beim Schnitt mit dem Messer diese Kontrolle nicht haben.
Meist sind es die Schwertbohnen (siehe oben), die “geschnippelt” wurden und es sind auch diejenigen, die gern zum Fermentieren verwendet wurden und werden, wie als Salz- bzw. Saure Bohnen. Schnippelbohnen sind in Norddeutschland auch eine Bezeichnung für fermentierte grüne Bohnen.
Fazit
Mit dieser oder recht umfangreichen Einteilung (die ich selber tatsächlich auch hin und wieder durchsehe, wenn ich nach einer neuen, brauchbaren Sorte suche), studieren wir nicht nur Sorteneigenschaften. Sie ist auch eine Hilfe dafür, dass wir uns überhaupt einmal Gedanken darüber machen sollten, welchen Zweck bei uns daheim der Bohnenanbau (im Rahmen eines Konzeptes der Selbstversorgung) haben soll.
Es ist auch eine Anregung darüber nachzudenken, wie es diesbezüglich um unsere Kochkünste bestellt ist und ob wir diese in dem Zuge auch weiterentwickeln und variieren sollten.
Die eierlegende Wollmilchsau
Im Zusammenhang mit den oben aufgezeigten Differenzierungen und den schier unendlichen Wahlmöglichkeiten, wirft sich vielleicht die Frage nach der “eierlegenden Wollmilchsau” auf. Wird sie an anderer Stelle in der Regel verneint, so kann ich hier die frohe Botschaft verkünden, dass es bei den Gartenbohnen diese Möglichkeit schon gibt. Einzig die Wuchseigenschaften, also Busch-, Reiser- und Stangenbohnen, sind vorgegeben.
Zwei Beispiele
Hierzu will ich gleich ein Beispiel nennen. Ich verwende eine schnell-reifende Buschsorte (Eisbohne, bei Händler DRESCHFLEGEL gekauft), welche ich ganz jung ernte, etwas ausgereifter als Fisole und völlig reif als Trockenbohne.
Ebenso habe ich eine schnell-reifende, rankende Schwertbohnen-Sorte ‚Hilda‘ gefunden, deren junge flache Hülsen eine Delikatesse sind. Was beim Durchpflücken vergessen und ausgereifter ist, wird wiederum als Fisole verwendet. Und, weil diese Sorte nicht zu kleine, leicht perlenförmige Kerne ausbildet, werden es auch brauchbare, trocken nutzbare Kerne.
Kerne der Stangen-Sorte ‚Hilda‘ |
Allerdings haben wir bei der Mehrfachnutzung solch einer Universal-Sorte keine Riesen-Ernte der einzelnen Erntestufen zu erwarten, doch dafür eine gleichmäßige und moderate Versorgung über einen langen Zeitraum hinweg. Diese Form der Nutzung von Gemüsearten ziehe ich aber ohnehin den gelegentlichen Massen-Ernten vor, die dann wiederum zeitaufwändig konserviert werden müssen.
Weitere Hinweise
[1] https://web.archive.org/web/20240609110828/http://bibd.uni-giessen.de/gdoc/2000/uni/p000003/phaseol.htm „Phaseolus-Bohne, Gartenbohne, Gewöhnliche Bohne Phaseolus vulgaris L.; 2001 (?), mit vielen weiterführenden Quellen
[2] Wenig bekannt: Die ältesten archäologischen Funde der Gartenbohne stammt aus der Guitarrero-Höhle, einer Höhle im Anden-Hochland von Peru.
https://web.archive.org/web/20100429010617/http://www.andaman.org/BOOK/chapter54/text-Guitarrero/text-Guitarrero.htm
Das Besondere dabei ist (nach meiner Auffassung), dass Phaseolus vulgaris (ein Gewächs der Tropen, da nicht frosthart) in einer Gegend gefunden wurde, in denen Nachfröste möglich sind.
Vor etwa 11.000 Jahren, während des Übergangs von der letzten Eiszeit (Pleistozän) in das Holozän (die gegenwärtige geologische Epoche), begann das Klima in vielen Teilen der Welt, sich zu erwärmen. Diese Erwärmung führte zu einem allgemein milderen Klima. Doch war das Hochlandklima im Umfeld der Guitarrero-Höhle damals nicht tropisch. Es war kühl und trocken, mit signifikanten jahreszeitlichen Schwankungen. Und zusätzlich ist die Region für ihre großen Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht bekannt. Aufgrund der Höhenlage und der kühlen Temperaturen im Hochland ist es wahrscheinlich, dass auch damals Nachtfröste auftraten, womit diese Region als ältestes Ursprungsgebiet von Phaseolus vulgaris ausscheidet. Als wilde Stammform gilt die in Südamerika heimische Phaseolus aborigineus. Sie wurde also der Logik folgend, ähnlich wie viele unserer Kulturpflanzen, bereits vorher durch Hybridisierung entwickelt. Beachtlich: Und das von steinzeitlichen amerikanischen Ureinwohnern.
Welche Kulturpflanzen erfand der Mensch der Moderne?
[3] Sorte aus Mexiko: „Sie stammt von einem Indianerstamm und ist dort Grundnahrungsmittel“ Bezugsquelle ist der Manfred Hans-Shop, hier in web-archive.org (picco plant Pflanzenvertrieb- und Verkauf GmbH in Oldenburg).