Bild: Pastinakenpflanze Mitte Juni mit Blüten und Samen.
Ich erinnere mich gut an die ersten Jahre meiner Pastinakenkultur: Immer wieder versagte das gekaufte Saatgut – oft keimten nur wenige Pflanzen, manchmal gar keine. Irgendwann startete ich dann jedoch den Versuch eigenes Saatgut zu züchten und plötzlich war das Problem verschwunden. Seitdem weiß ich: Saatzucht lohnt sich.
Warum sich Saatzucht lohnt
Im Selbstversorger-Gartenbau halte ich es für essenziell, nicht nur eigenes Gemüse anzubauen, sondern auch eigenes Saatgut zu gewinnen. Dennoch betreibe ich es nicht dogmatisch: Für einige wenige Kulturen ziehe ich sogar hochgezüchtetes F1-Saatgut in Betracht, da es in manchen Fällen schlicht Vorteile bietet. Doch wer sich einmal ernsthaft mit der Saatzucht befasst hat, weiß, dass sie nicht nur Zeit, sondern auch Platz beansprucht – sei es zum Trocknen oder zur Lagerung. Zudem verlangt sie ein hohes Maß an Sorgfalt: Die Samen müssen gewissenhaft beschriftet und aufbewahrt werden, und etwa drei Prozent der besten Anbauflächen müssen für die Saatgutproduktion reserviert bleiben.
Vorteile lokaler Anpassung
Die Züchtung eigener Haussorten bringt zahlreiche Vorteile mit sich. Nicht nur lassen sich bestimmte erwünschte Eigenschaften gezielt herausselektieren, sondern vor allem passt sich das Saatgut über Generationen hinweg an die lokalen klimatischen Bedingungen an. Diese kontinuierliche Anpassung stärkt die Widerstandskraft der Pflanzen erheblich. Sie entwickeln eine robuste Vitalität, die sie in die Lage versetzt, sich auf natürliche Weise gegen Schädlinge – seien es Insekten oder Pilzkrankheiten – zur Wehr zu setzen.
Ein oft übersehener Vorteil der eigenen Saatzucht ist die deutlich verbesserte Keimfähigkeit vieler selbst gewonnener Samen. Ein Paradebeispiel ist hier die Pastinake: Saatgut, das aus eigener Kultur stammt und stets vom Vorjahr verwendet wird, keimt weit zuverlässiger als gekauftes.
Nach diesem einführenden Beispiel komme ich nun aber sofort zur praktischen Umsetzung im Monat März. Der Monat März markiert nämlich für viele unserer Gemüse den Startschuss für das „Schießen in die Blüte“ und die anschließende Samenreife. Hier einige meiner bewährten Methoden, so wie ich sie zeitlich umsetze:
Praktische Umsetzung im März
Grünkohl – Robust und ertragreich
Ich lasse etwa fünf der überwinterten Grünkohlpflanzen stehen oder verpflanze sie mit großzügigem Erdballen an einen geeigneten Platz. Dort blühen sie zeitgleich mit dem Raps der umliegenden Felder und bilden reichlich Samen aus. Um ein Umknicken zu verhindern, werden die hochgewachsenen Pflanzen mit Stäben fixiert. Die Samen ähneln in Form den Senfkörnern, sind klein, rund und dunkelbraun. Sie bleiben etwa vier bis fünf Jahre lang keimfähig. Eine neue Saatgutgewinnung alle drei Jahre reicht aus, um stets frische und keimkräftige Samen zur Verfügung zu haben.
Pastinake – Frische Samen jedes Jahr!
Ich wähle sechs der schönsten Pastinakenwurzeln aus und pflanze sie möglichst früh im März, sobald der Boden frostfrei ist, an ihren endgültigen Standort. Die Blütenstände der Pastinake erreichen eine Höhe von bis zu 1,80 Metern und haben zierende, gelbe Dolden, die zahlreiche Insekten anlocken. Ihre Samen sind länglich, leicht gewölbt und von hellbrauner Farbe. Da Pastinakensamen rasch an Keimkraft verlieren, verwende ich ausschließlich Saatgut vom Vorjahr und gewinne es jedes Jahr aufs Neue.
P.S. Den Supermarkt ganz neu entdeckt:
Übrigens: Haben wir noch keine Pastinakenwurzeln zum Einsetzen in die Erde, können wir die Wurzeln dafür im Supermarkt kaufen. Ein Gleiches funktioniert mit vielen Gemüsen, von denen wir Samen gewinnen wollen, wie beispielsweise
- Petersilienwurzeln
- Möhren
- Porree (halbieren und einpflanzen)
- Frühlingszwiebeln (halbieren und einpflanzen, aus ihnen werden Winterheckzwiebeln)
- Küchenzwiebeln
Feldsalat – Würzig und winterhart
Dieses würzige Winterblattgemüse säe ich Ende Juli breitwürfig auf frei gewordene Beetflächen aus, damit es sich über die Monate hinweg gut entfalten kann. Im März selektiere ich einige besonders kräftige Pflanzen, die sich verstreut auf den Beeten angesiedelt haben, und verpflanze sie an einen geschützten Randbereich. Dort lasse ich sie ungestört blühen und Samen bilden. Die Samen des Feldsalats sind winzig, länglich und graubraun. Sie reifen im Frühsommer heran und behalten ihre Keimfähigkeit etwa zwei bis drei Jahre lang.

Spinat – Kostenlos und keimstark
Es lohnt sich im Selbstversorgergarten, stets reichlich kostenlosen Spinatsamen vorrätig zu haben. Angeblich setzten bereits Mönche in ihren Klostergärten Spinat als Gründüngung ein, indem sie ihn in engen Reihen aussäten und jede zweite Reihe in den Boden einarbeiteten. Wollten wir dieses Verfahren mit gekauftem Saatgut nachahmen, würde es schnell kostspielig werden.
Um genügend Samen zu gewinnen, lassen wir einige Pflanzen nach zweimaliger Blatternte in die Blüte gehen. Da jedoch nicht alle Pflanzen Samen ansetzen, ist es ratsam, mindestens zwei laufende Meter Spinat dafür einzuplanen. Da März und April die ideale Aussaatzeit sind, sollte der für die Saatgutgewinnung vorgesehene Bereich so platziert werden, dass er in der weiteren Beetplanung nicht stört.
Die hohen Blütenstängel werden mit Stäben gestützt, um ein Umknicken zu verhindern. Die reifen Samen haften fest an den Stängeln. Zur Aufbewahrung können die Samenstände zu Büscheln gebunden und an einem trockenen Ort aufgehängt werden – dieser muss nicht frostfrei sein. Spätestens alle zwei Jahre gewinne ich so frisches Saatgut, das garantiert keimfähig ist.

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Fazit: Aufwand mit langfristigem Gewinn
Wie gesagt, die eigene Saatzucht mag mit Aufwand verbunden sein, doch sie bringt nicht nur langfristige Unabhängigkeit, sondern auch widerstandsfähigere Pflanzen hervor, die optimal an den individuellen Gartenstandort angepasst sind. 😀