Arbeitstitel: Rentensystem, Autarkie und Postwachstumsökonomie. Wie passt das zusammen?
◾ Eigentlich befassen sich meine Fachartikel vorzugsweise mit Gartenbau, Gartenbau-Geschichte, und mit dem weiten Thema der Autarkie. Hierein gehört jedoch das vielfach falsch verstandene Fachgebiet der Postwachstumsökonomie. Dieses wiederum bedingt die Beschäftigung mit dem Rentensystem einer Gesellschaft und das werden wir in diesem Blog-Artikel tun.
[Ergänzender Blog-Artikel hier.]
Postwachstumsökonomie
Die Postwachstumsökonomie (auch als Degrowth-Bewegung unterwegs) – so wie ich sie verstehe – vertritt das Konzept der Schrumpfung als Gegenpol zu den Prinzipien der stetig wachsenden Wirtschaft. Das bedeutet, dass sie bewusst autarker, kleinteiliger und effizienter gestaltet werden sollte, um durch klassische Selbstgenügsamkeit [1] den Ressourcen-Verbrauch und die Umweltbelastungen zu reduzieren, was durchaus nicht als Alternativprogramm zur Marktwirtschaft gedacht ist. Dass bürgerliche Freiheit, Privateigentum, freier Wettbewerb sowie Angebot und Nachfrage dies schaffen, beweist die Entstehung der modernen Marktwirtschaft in Zeiten (19. Jahrhundert) [2], da zum Beispiel vorzugsweise langlebige und robuste Produkte erfolgreich produziert wurden. Beispiele hierfür gibt es unzählige, die ich mir an dieser Stelle allerdings sparen möchte. Ich komme in weiteren Blog-Artikeln darauf zurück.
Erst die Schwächung der marktwirtschaftlichen Grundstrukturen, wie die Verwässerung des Kartellrechts, Lobbyismus, überbordende Bürokratie, steigende Rechtsunsicherheit und ideologisch motivierte Subventionswirtschaft haben uns dahin gebracht, wo wir heute stehen.
Eine veränderte Lebensarbeitszeit bedingt ein verändertes Rentenkonzept
Eine Folge funktionierender Postwachstumsökonomie (bedingt durch die stete Verringerung unnötiger Verwaltungs- und Wirtschaftstätigkeit), sind gesamtgesellschaftlich kürzere Wochen- und Lebensarbeitszeiten. Diese Arbeitszeitverkürzung stellt ein wichtiges, werbendes Hauptargument der Degrowth-Ökonomen für ihre Wirtschaftstheorie dar. Die damit verbundene Rentenproblematik steht bisher jedoch außerhalb dieser Blickrichtung. Die gegenwärtigen Konzepte (vor allem in Deutschland) zielen auf ein arbeitszeit-abhängiges Rentensystem, welches mit den Ideen der Postwachstumsökonomie schwer zu verbinden ist.
Vererbbare Renten ???
Als einen möglichen Lösungsansatz sehe ich neben Autarkie, Subsistenzwirtschaft und Eigenversorgung die unantastbare Vererbung von personenbezogenen Rentenversicherungs-Kapital privater Vorsorge [3], wie es beispielsweise die amerikanischen Individual Retirement Accounts in ihrer Funktionalität überprüfbar zeigen (siehe Link zum Arbeitspapier unten).
Gesetzliche Grundlagen existieren in Deutschland schon lange dafür, denn das vererbbare Ruhestands-Kapital könnte buchhalterisch sehr einfach (nach gültiger deutscher Gesetzgebung) in öffentlichen Treuhandstiftungen verwaltet werden. In den USA nennt man das zwar nicht „Treuhandstiftung“, doch läuft deren Konzept auf dieses Prinzip hinaus:
Rentensystem USA und Deutschland im Vergleich (PDF)
Was bei uns utopisch in den Ohren klingen mag – also ein vererbbares Rentenkonto – gibt es, so meine ich, schon seit einigen Jahrzehnten in den USA, nach deren gestalteter Gesetzgebung. Aus diesem Grunde verfasste ich bereits am 19. Mai 2023 einen ersten Fachartikel dazu [4] [5] und arbeitete ihn bald darauf zu einem Arbeitspapier um. Der überarbeitete Artikel (Arbeitspapier), mit dem folgend genannten Titel, auf Academia.edu eingesehen und heruntergeladen werden:
JACOB, Thomas; Das Rentensystem der USA. Ein Vorbild für Deutschland? Vergleich und Analyse. Fachartikel und Arbeitspapier von Thomas Jacob, Dohna, am 4. Oktober 2023.
In diesem Arbeitspapier (16 Seiten) findet sich ein Vergleich der staatlichen und staatlich geförderten betrieblichen und privaten Rentensysteme in den USA und der Bundesrepublik Deutschland. Obwohl diese Systeme auf den ersten Blick ähnliche strukturelle Merkmale aufweisen, insbesondere im Hinblick auf die staatlich verwalteten Institutionen, offenbart sich ein signifikanter Unterschied in den ergänzenden privaten Konzepten. Dieser Unterschied betrifft die Verfügbarkeit des steuerlich geförderten privaten Rentenkontos für Nachkommen oder Erben in den USA, im Gegensatz zu Deutschland.
Besonders bemerkenswert sind die erheblichen Unterschiede in den Kostenquoten der privaten Rentenverträge, die in den USA bis zu zwei Prozent beträgt und in Deutschland offensichtlich bis zu 38 Prozent. Was sich aus solchen Diskrepanzen ergibt, kann sich jeder selbst ausmalen.
Interessant ist weiterhin, dass in den USA ein Teil der Besteuerung von Ruhestands-Einkommen (auch der „Superreichen“) gezielt in die staatliche Rentenkasse zurückfließt. Und es gibt Möglichkeiten, zwischen verschiedenen privaten Rentenversicherungen (Sparplänen) zu wechseln.
Darüber hinaus wird in meinem Arbeitspapier die Art und Weise der mediale Aufmerksamkeit in den USA im Zusammenhang zu den dortigen Rentensparplänen erörtert.
Ein abschließend festgestellter kultureller Unterschied, der die Ortsgebundenheit der Bürger betrifft und eng mit der Planung des Ruhestands verknüpft ist, wird beleuchtet. Dieser Unterschied bezieht sich auf die Bewertung und Funktion von Wohneigentum, die in den USA anders gehandhabt wird als in Deutschland. In den USA ist die spekulative Nutzung des eigenen Wohnraums oft ein integraler Bestandteil der Rentenvorsorge.
Die Analyse führt zu dem Schluss, dass das Rentensystem in den Vereinigten Staaten von Amerika, aus verschiedenen Gründen als vorteilhafter erscheint.
Weitere Erläuterungen
Weiterführender Blog-Artikel vom 6.8.2024:
Durchschnittsrente in Deutschland. Wirklich nur 1.000 Euro pro Monat oder weniger?
[1] Der Begriff der Selbstgenügsamkeit weist auf das altgriechische Wort autárkeia (αὐτάρκεια) = Autarkie hin und bedeutet so viel wie „sich selbst genügend“, aber auch „Selbständigkeit und Unabhängigkeit von äußeren Umständen.“ In einem zugestandenen Minimalumfeld sollten Existenzgründer und kleinere Wirtschaftseinheiten im Sinne der „Unabhängigkeit von äußeren Umständen“ von staatlichen Regulierungen und Steuerlasten weitgehend unbehelligt bleiben.
[2] Es waren die Zeiten des Silber- oder Gold-Standards Währungen.
[3] Statt Riester- und Rürup-Rente und Co.
[4] Die Erstveröffentlichung dieses Beitrags am 19.5.2023 (webarchive.org)
[5] P.S. Kurz nach Veröffentlichung des Papiers erfuhr ich übrigens, dass sich der Bundestag mit der Überarbeitung der privaten Rentenförderung beschäftigte. Erfolge sind bis zum heutigen Datum von dieser Seite jedoch noch nicht gemeldet worden.