Der Lichtmess-Vorabend, Beginn des bäuerlichen Arbeitsjahrs und: Nächte ohne Grübeleien.

Maria Lichtmess

Symbolbild

Das Bauernjahr beginnt

🌙✨🕯️Stell dir vor, du sitzt an einem kalten Februarabend in einem alten Bauernhaus. Das nötige Tagwerk ist getan, im Kamin brennt Holz, draußen liegt Schnee und drinnen flackert das Licht einer Kerze. Die Familie und das Gesinde versammelt sich, jemand entzündet ein weiteres Licht – ein Brauch, um im Jahreskreis das zunehmende Tageslicht kurz und in einfacher Weise zu feiern, Segen zu erbitten und nochmals mit allen Anwesenden die Pläne für das kommende Jahr zu besprechen. Jeder spürt den Drang in sich, nun endlich das kommende Arbeitsjahr zu beginnen – und die Gedankenspiele gezwungener Untätigkeit der Wintertage Wirklichkeit werden zu lassen – sei es nun mit beruflicher oder persönlicher Motivation.

Lichtmess, am 2. Februar datiert, markierte traditionell den Beginn des bäuerlichen Wirtschaftsjahres. Der Tag, auch als Mariä Lichtmess oder Candlemas bekannt, hat seine Wurzeln sowohl in heidnischen als auch in christlichen Traditionen. Ursprünglich war Lichtmess ein Fest des Lichts, das die merkliche Rückkehr der Sonne nach dem Winter feierte – ein entscheidender Zeitpunkt für die Landwirtschaft. Die Bauern erkannten daran, dass die Tage länger wurden, die Natur erwachte und die Arbeit im Freien bald wieder beginnen konnte. Ihr Arbeitsjahr beginnt zu Lichtmess und endet mit den alten Erntefesttagen zu Martini.

Lichtprozession, Lichtdank

Der Name Lichtmess leitet sich ab von alten Bräuchen wie der Lichtmesse, der Lichtprozession oder dem Lichtdank. Die heutigen Lichtmessfeiern der katholischen Christen beginnen gewöhnlich schon am Abend des 1. Februars mit einer Vorabendmesse, um die Feierlichkeiten einzuleiten. Genau genommen hat das aber seinen Ursprung in der uralten Tagzählung, bei welcher der Tag bereits mit dem Vorabend beginnt. Hier istes sogar der Vorabend oder noch deutlicher: die Vornacht für ein ganzes Tätigkeitsjahr.*

Bauernhaus zu Lichtmess
Die Zeitqualität drückt das Warten auf das Tätigwerden aus…

Den Tag mit dem Abend beginnen?

Interessanterweise folgten viele alte Kulturen – darunter die Juden, aber auch die Germanen – einer Zeitrechnung, die uns heute ungewohnt erscheint: Der Tageslauf begann mit dem Abend. Ein Tag wurde also nicht von Sonnenaufgang zu Sonnenaufgang gezählt, sondern von Sonnenuntergang zu Sonnenuntergang.

Vielleicht liegt in dieser alten Denkweise eine verlorene Weisheit? In unserer hektischen Welt hetzen viele von morgens bis abends durch den Alltag, oft ohne bewusste Pausen. Doch was wäre, wenn wir den Tagesausklang bewusster gestalten?

Fazit: Ein alter Rhythmus für moderne Zeiten?

Ein kurzer Moment der Ruhe bei Einbruch der Dunkelheit – vielleicht mit einer Kerze – könnte ein moderner Weg sein, an die alte Tradition von Lichtmess anzuknüpfen. Ein Ritual des Innehaltens, bevor die Nacht beginnt. So fassen wir einen festen Plan für den kommenden Tag und notieren kurz unsere anstehenden Aufgaben. Wenn das getan ist, bedarf es nicht mehr die Nacht, um schlaflos über Probleme zu grübeln.

Bei den Notizen der Aufgaben kommt es jedoch darauf an, dass unser Tätigkeitsplan in einzelne kleine Schritte gegliedert ist, die für sich genommen leicht zu bewältigen sind – ohne dass wir gleichzeitig an die weiteren Schritte denken müssen. Es ist die Unübersichtlichkeit des Kommenden, die uns überfordert.

Also noch einmal: Die Vorstellung, dass der Tag mit der Nacht beginnt, mag uns fremd erscheinen – aber sie könnte uns eine wertvolle Perspektive bieten. Vielleicht ist das eine alte Wahrheit, die es wiederzuentdecken lohnt.

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Noch eine längere Fußnote zur historischen Einordnung – die Nacht als Anfang des Tages:

*In einigen mittelalterlichen Quellen finden sich Hinweise darauf, dass germanische Kulturen eine Abendrechnung des Tages kannten. So wurde in nordischen Kalendertraditionen der Tag oft in „Nachtläufe“ eingeteilt. Im Altnordischen hieß es etwa: „Nótt ok dagr“ (Nacht und Tag) – was darauf hindeutet, dass die Nacht zuerst kam.

In germanischen Sprachen gibt es Wörter für „Abend“ oder „Nacht“, die zugleich den Beginn eines neuen Tages bedeuten. Das althochdeutsche Wort âbant bedeutet sowohl „Abend“ als auch „der folgende Tag“. Die Goten verwendeten „andanahti“ für die „Vornacht“, was ebenfalls diese Denkweise widerspiegelt. (KLUGE, Friedrich; Etymologisches Wörterbuch; Berlin W, 1957; Seite 2)

Ähnliche Konzepte existierten in anderen Kulturen. Bei den Kelten begann der neue Tag mit Sonnenuntergang – etwa bei Festen wie Samhain und Beltane. Am bekanntesten ist diese Tageszählung jedoch aus dem Judentum, wo der Sabbat traditionell am Freitagabend mit Sonnenuntergang beginnt. Diese Praxis beruht auf der biblischen Schöpfungsgeschichte: „Und es wurde Abend und es wurde Morgen: der erste Tag.“

Florentiner Kalender. Die Florentiner Zeitrechnung – ein germanisches Erbe? In einigen italienischen Städten, insbesondere in Florenz, begann der neue Tag mit dem Sonnenuntergang. Dieses System war vom 13. bis ins 18. Jahrhundert verbreitet. Dokumente wurden nach „dem Abend des vorherigen Tages“ datiert. Ein möglicher germanischer Einfluss? Die Langobarden, ein germanisches Volk, gründete in Italien im 6. Jahrhundert ein Königreich. Denkbar wäre, dass sie die althergebrachte germanische Tageszählung mitbrachten. Ebenso könnten christlich-biblische Einflüsse eine Rolle gespielt haben, da Goten und Langobarden in der Spätantike bereits arianische Christen waren.

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