Wer sich mit den Grundsätzen der Subsistenzwirtschaft [1] beschäftigt, wird früher oder später einen Blick auf besondere Gemeinschaften [2] bekommen, welche wie die Amischen in den USA auf ihre Art ein etwas zurückgezogenes Leben führen. Dadurch bedingt finden wir dort einen hohen Grad an Selbstversorgung der Familien und Gemeinschaften und ebenso eine ausgeprägte Subsistenzwirtschaft. Es meine Beobachtung, dass unsere heutige, modere westlichen Gesellschaft diese Lebensentwürfe gern neugierig als eine Art kulturelles Phänomen betrachtet, doch mehr auch nicht. Dass womöglich wirtschaftskulturelle Strukturen dieser Gemeinschaften für uns als Vorbild dienen könnten, wird geflissentlich übersehen – vielleicht weil deren funktionierende Subsistenzwirtschaft als Gegenmodell zur Marktwirtschaft interpretiert wird.
Die Amischen kombinieren ihre Subsistenzwirtschaft jedoch auch mit dem gezieltem Handel nach außen. Innerhalb ihrer Gemeinschaft tauschen sie Überschüsse wie zwar landwirtschaftliche Produkte und handwerkliche Erzeugnisse aus, um die Selbstversorgung zu stärken. Gleichzeitig verkaufen sie Produkte wie Gemüse, Obst, handgefertigte Möbel und Kunsthandwerk auf lokalen Märkten und Hofläden auch an Nicht-Amische. Dieser externe Handel ermöglicht es ihnen, Einnahmen zu erzielen, ohne ihre traditionellen Werte zu gefährden. Die Amischen pflegen daneben ein internes Handelsnetz, das auf Vertrauen und persönlichen Beziehungen basiert, und kooperieren mit benachbarten Gemeinden, um verschiedene Produkte auszutauschen. Ihre Handelsbeziehungen mit der Außenwelt sind durch ethische Prinzipien geprägt, wobei sie Werbung ablehnen und persönliche Empfehlungen bevorzugen. Einnahmen aus dem externen Handel fließen oft in Gemeinschaftsfonds, die der Unterstützung von Mitgliedern in Not dienen.
In diesem Beitrag möchte das Wirtschaftssystem dieser Glaubensgemeinschaft aber nur kurz erwähnt und allgemeine Notizen folgen lassen.
Übrigens: Die Vorstellung bei uns, dass es in den Amish-Dörfern und -Städten keinen Strom oder keine Autos in amischen Gemeinden gibt, ist ein Missverständnis, das von den strikteren Gemeinden der Old Order Amish geprägt und in unseren Medien gern aufgegriffen ist. In der Realität variieren die Regeln der Gemeinden, und es gibt oft Ausnahmen, insbesondere bei geschäftlichen Aktivitäten oder praktischen Notwendigkeiten.
Beispiel einer Google-Maps-Analyse
Übrigens: Bei der Recherche der Gartenbau- und Agrarkultur in den verschiedenen Weltgegenden, mach ich gern auch eine Google-Maps-Analyse. Und ich schaue mir das Ganze (wenn möglich) auch noch genau mit Google Street View an. Diese ermöglichen es, geografische und infrastrukturelle Merkmale detailliert zu untersuchen. So fiel in einem Kartenausschnitt auf, dass in Gegenden, die von den Amischen bewirtschaftet werden, häufig eine Kombination aus Landbau und Teichwirtschaft zu finden ist. Weitere Recherchen bestätigten, dass viele Amische gezielt Fischteiche anlegen, was hervorragend zu ihrem subsistenzorientierten Lebensstil passt.
Karte: Fischteiche und Felder in Kombination (nahe der Stadt Shipshewana, Indiana)
Die Fischzucht dient dabei mehreren Zwecken: Sie bietet nicht nur eine nachhaltige Proteinquelle, sondern unterstützt die Bewässerung der Felder und ist oft in das landwirtschaftliche Ökosystem integriert. Beliebte Fischarten sind Forellen, Karpfen, Welse und andere Süßwasserfische, die sich leicht züchten lassen. Neben der Eigenversorgung können überschüssige Fische auch auf lokalen Märkten verkauft werden, was gelegentlich zur Einkommenssicherung beiträgt. Teichwirtschaft zeigt, wie die Amischen natürliche Ressourcen effizient nutzen und in ihre traditionellen Bewirtschaftungssysteme einbinden.
Das Kerngebiet
Das Kerngebiet der Amischen (wo sie unter gewöhnlichen anderen Mensche leben) befindet sich in den Vereinigten Staaten, insbesondere in den Bundesstaaten Pennsylvania, Ohio und Indiana. Diese drei Staaten beherbergen die größte Konzentration von Amischen Gemeinden. Die Regionen sind bekannt für ihre landwirtschaftlich geprägten Landschaften und ihre langjährige Tradition der Amischen Siedlungen. Details zu den Kerngebieten:
Pennsylvania
Lancaster County: Das bekannteste Zentrum der Amischen. Hier lebt eine große Gemeinschaft der sogenannten „Old Order Amish“, die besonders für ihre traditionelle Lebensweise und Ablehnung moderner Technik bekannt sind. Die Amischen in Pennsylvania sprechen oft noch Pennsylvania Dutch, ein Dialekt des Deutschen.
Ohio
Holmes County: Heimat einer der größten Amischen Gemeinschaften weltweit. Die Gegend zeichnet sich durch eine starke ländliche Infrastruktur und viele kleine Höfe aus.
In Ohio gibt es auch kleinere Unterschiede zwischen den Gemeinden, etwa in Bezug auf ihre Haltung zu bestimmten Technologien.
Indiana
Elkhart und LaGrange Counties: Hier befindet sich ebenfalls eine bedeutende Gemeinschaft der Amischen, bekannt für ihre handwerkliche Tradition, wie den Bau von Kutschen und Möbeln.
Neben diesen drei Hauptgebieten gibt es auch bedeutende Amischen-Gemeinden in Michigan, Wisconsin, New York und Kentucky. In Kanada gibt es kleinere Gemeinschaften, insbesondere in Ontario. Die Wahl dieser Regionen hängt eng mit der Geschichte der Gläubigen zusammen, die sich in ländlichen Gebieten niederließen, wo sie ihre religiösen Überzeugungen und ihre agrarisch geprägte Lebensweise am besten praktizieren konnten.
Die Kultur
Grundlegendes zur Glaubensgemeinschaft und Lebensweise
Die Amischen, auch „Amish“ genannt, sind eine täuferische Glaubensgemeinschaft mit Wurzeln in der reformatorischen Bewegung des 16. Jahrhunderts in Mitteleuropa. Sie wurden nach Jakob Ammann (1644–1730) benannt, einem Schweizer Mennonitenführer, der sich für eine strengere Auslegung der Glaubens- und Lebensregeln einsetzte. Aufgrund von Konflikten innerhalb der Täuferbewegung spalteten sich die Amischen Ende des 17. Jahrhunderts von den Mennoniten ab. Ihre Kernprinzipien umfassen Einfachheit, Gemeinschaft und die Abgrenzung von der „Welt“ (weltlichen Einflüssen), was ihren konservativen Lebensstil und ihre Ablehnung moderner Technologien prägt.
Auswanderung in die USA
Aufgrund religiöser Verfolgung in Europa und wirtschaftlicher Perspektiven wanderten viele Amische im 18. Jahrhundert in die nordamerikanischen Kolonien aus, vor allem nach Pennsylvania. Heute leben die meisten der Glaubensbrüder in den Vereinigten Staaten, mit kleineren Gemeinschaften in Kanada. Die größten Ansiedlungen befinden sich in Ohio, Pennsylvania und Indiana. Die Amischen gehören zu einer der am schnellsten wachsenden Bevölkerungsgruppen in den USA, was vor allem auf ihre hohen Geburtenraten zurückzuführen ist.
Lebensweise und Glauben
Die Amischen leben nach den Prinzipien der Ordnung, einer mündlich überlieferten Sammlung von Regeln, die das tägliche Leben, die Kleidung, die Techniknutzung und das Gemeindeverhalten bestimmen. Diese Ordnung unterscheidet sich zwischen den verschiedenen Untergruppen, etwa den Old Order Amish, New Order Amish oder Beachy Amish Mennonites.
Grundsätzlich lehnen die Amischen moderne Technologien ab, die die Gemeinschaft gefährden könnten, wie Autos, Strom aus dem öffentlichen Netz oder Fernseher. Dennoch gibt es Variationen: Einige Gruppen nutzen Traktoren für die Landwirtschaft, andere beschränken sich auf Pferdewagen. Die Amischen sind bekannt für ihre schlichte Kleidung, die Handarbeit und die Ablehnung jeglicher Form von Individualismus, was sich in ihrem Gemeinschaftsleben widerspiegelt.
Wirtschaft und Selbstversorgung
Traditionell betreiben die Amischen Landwirtschaft, wobei sie auf nachhaltige, manuelle Methoden setzen. In den letzten Jahrzehnten haben sich viele Gemeinschaften auch in anderen Bereichen etabliert, etwa im Handwerk, insbesondere bei der Herstellung von Möbeln, und in der Lebensmittelproduktion. Viele Amische verkaufen ihre Produkte an die nicht-amische Bevölkerung und sind für die hohe Qualität ihrer Waren bekannt.
Bildung und Sprache
Die Amischen betreiben eigene Schulen, die nur bis zur achten Klasse reichen. Der Fokus liegt auf praktischen Fähigkeiten und moralischen Werten, die für das Leben innerhalb der Gemeinschaft wichtig sind. Sie sprechen oft Pennsylvania Dutch (eine Form des pfälzischen Dialekts) als Alltagssprache, Englisch als Zweitsprache und Hochdeutsch als Liturgiesprache.
Herausforderungen und Integration
Die Amischen stehen vor der Herausforderung, ihre Traditionen in einer zunehmend globalisierten Welt zu bewahren. Obwohl sie sich bewusst von der modernen Gesellschaft abgrenzen, interagieren sie regelmäßig mit dieser, sei es im Handel oder bei der Nutzung medizinischer Versorgung. Ihre Lebensweise hat viele Menschen fasziniert und inspiriert, gleichzeitig stehen sie aber auch in der Kritik, insbesondere in Fragen der Bildung und Gesundheitsversorgung.
Die Glaubensgemeinschaft ist ein einzigartiges Beispiel für die Bewahrung einer vormodernen Lebensweise in der modernen Welt, was sie zu einem interessanten und oft bewunderten, aber auch kritisch betrachteten Teil der amerikanischen Gesellschaft macht.
Quellen, Erläuterungen
Bildquellen:
[1] Subsistenzwirtschaft bezeichnet eine Wirtschaftsform, bei der die Produktion von Gütern, insbesondere Lebensmitteln, primär auf den Eigenbedarf der produzierenden Haushalte oder Gemeinschaften ausgerichtet ist. Charakteristisch ist, dass kaum Überschüsse für den Markt erzeugt werden. Diese Form der Wirtschaft findet sich häufig in ländlichen, traditionell agrarisch geprägten Gesellschaften und umfasst meist Selbstversorgung durch Ackerbau, Viehzucht, Jagd oder Fischerei. Sie steht im Gegensatz zur Marktwirtschaft, bei der die Produktion auf den Handel und Gewinn ausgerichtet ist.
[2] Es gibt etliche weitere mehr oder weniger religös geprägte Gemeinschaften auf der Welt, wie (um die bekanntesten zu nennen) Mennoniten, Hutterer (Hutterische Brüder), Quäker, Dukhobor (Russland/Kanada) oder Neohippie-Kollektive.
Für detaillierte Informationen zu den wirtschaftlichen Aktivitäten der Amischen und ihrer Integration in marktwirtschaftliche Systeme finden sich in folgenden Quellen:
[3] „The Amish: A Concise Introduction“ von Steven M. Nolt: Dieses Buch bietet einen umfassenden Überblick über die Geschichte, Kultur und Wirtschaft der Amischen.
[4]“Amish Enterprise: From Plows to Profits“ von Donald B. Kraybill und Steven M. Nolt: Diese Studie untersucht die wirtschaftlichen Unternehmungen der Amischen und ihre Anpassung an moderne Märkte.
[5] „The Amish and the Media“ von Diane Zimmerman Umble und David L. Weaver-Zercher: Dieses Werk beleuchtet die Beziehung der Amischen zu Medien und externen Einflüssen, einschließlich ihrer Handelspraktiken.