◾ Irgendwie hat es sich im alternativen Gartenbau eingebürgert, dass man heutigentags anstelle von Unkraut “Beikraut” oder “Wildkraut” sagt. Ich habe die Intentionen dazu, unten noch einmal kurz zusammengefasst [2], da ich in diesem Falle niemanden zitieren und auf den Schlips treten möchte.
Man kann sich zur Thematik auch gut bei Wikipedia [3] informieren, wobei ich den aktuellen Artikel etwas verwirrend finde, denn er beginnt zwar sachlich und nüchtern, doch relativiert er sich später wieder. Gesagt wird anfangs folgendes:
Definition bei Wikipedia: Unkraut, Beikraut, Wildkraut oder Kulturpflanzenbegleiter
Als Unkraut bezeichnet man Pflanzen der spontanen Begleitvegetation in Kulturpflanzenbeständen, Grünland oder Gartenanlagen, die dort nicht gezielt angebaut werden und aus dem Samenpotential des Bodens, über Wurzelausläufer oder über Zuflug der Samen zur Entwicklung kommen. Alternativ wird heute häufig von Beikraut, Wildkraut oder Kulturpflanzenbegleitern gesprochen.
Dieser Definition folgen Begriffsklärungen und dann werden kurz die Probleme der Ackerunkräuter genannt; es folgt geschichtliches, sehr kurz etwas über die „Konkurrenz durch Unkräuter“ (thematisch sehr verkürzt); weiterhin lesen wir ausführlichere Informationen über den „Nutzwert von Unkräutern“ und deren „Zugehörigkeit zu Pflanzenfamilien“ und man geht noch schwärmerisch in einem eigenen Kapitel auf “Ackerunkrautgesellschaften” und “Naturschutzaspekte” bezüglich der Verunkrautungen ein.
Immerhin werden im Wikipedia-Eintrag auch folgende Kennwerte mit entsprechenden genauen Quellenangaben erwähnt: “Ohne Unkrautbekämpfung lägen die durchschnittlichen Ernten um 52 Prozent (Mais) bzw. 49,5 Prozent (Sojabohne) niedriger. 1996 wurde geschätzt, dass durch Unkräuter eine Ertragsminderung [USA und Kanada] zwischen 20 % und 40 % verursacht wird.“
Meine Definition und Bewertung
Wenn es um Unkraut geht, dann muss ich nicht lange darüber nachdenken, was das ist. Das sind Pflanzen jedweder Art (Wildpflanzen, Kultur-Unkräuter [1], usw.) die in ihrer Funktionalität und Eigenschaft als Konkurrenten neben Kulturpflanzen auf dem Kulturland auftreten.
Sie sind an einem bestimmten Platz zu einer bestimmten Zeit Kulturpflanzen-Konkurrenten in Bezug auf den Wurzelraum, die Bodennährstoffe, das Grund- und Oberflächenwasser und in Bezug auf das Licht.
Indem sie nötige Freiräume zwischen den Kulturpflanzen besetzen, kommt noch hinzu, dass Feuchtigkeitsschäden (Pilzkrankheiten usw.) auftreten können, wenn die nötige Luftzirkulation auf dem Beet oder Feld verhindert wird.
Intensivanbau kann Naturschutz sein
Und noch einmal: Natürlich sind die Wild-Pflanzen selber lieb, nett, schön und sehr oft auch nützlich (z.B. am Feldrandstreifen, an Feldwegen, Waldrändern, Trockenwiesen usw.) doch in den seltensten Fällen auf dem Beet oder Acker selbst.
Es ist doch sinnvoller, wir entreißen der Natur in unserem Hausgarten nur 10x10m² Gartenland und bewirtschaften es intensiv und gestalten den Rest natur-nützlich.
Andernfalls hätten wir 10x20m² schlecht gepflegtes Kulturland, die doppelte, ineffiziente Arbeit und der Natur 10x10m² Naturland unnötigerweise fort-genommen.
Für diesen Unnutz haben wir die doppelte Beetfläche zu bearbeiten und zu wässern (Beispiel Mais oben) – der Bauer das doppelte Land und die doppelte Menge an Diesel, Verbrauchsstoffen, Maschinenabnutzung usw.
Sprache setzt falsche Wertmaßstäbe
Wenn wir Unkraut Beikraut nennen, werden durch diese Form der Sprache falsche Wertmaßstäbe gesetzt. Der Gärtner oder Bauer – wenn er Profi ist – weiß natürlich, dass er das Beikraut ebenso bekämpfen muss wie das Unkraut. Beim Hobbygärtner sieht die Sache oft schon anders aus.
Das Thema führt uns weiter:
Wie gesagt. Ich halte das alles für infantil und ebenso die ungeprüfte Verherrlichung der nicht-wendenden Bodenbearbeitung [3] vor allem im Kleingarten, die wiederum den Unkrautwuchs fördert. (Thema: Gärtnern ohne Spaten).
Ich bin dann schon mehr für den Alternativ-Gartenbau zum Alternativ-Gartenbau, etwa für die Prinzipien des Biointensiven Gartenbau nach John Jeavons – GROW BIOINTENSIVE®.
Bild: Unkraut im Paprika-Beet. Das ist noch kein Grund zur Panik, doch nun sollten die Paprika-Pflänzchen von ihren Konkurrenten befreit werden [1].
Sinnvolle Begleitpflanzen sind nur die links stehenden Erdbeeren und rechts die Buschbohnen. Begleitung braucht etwas Abstand – bei Pflanzen und Menschen ebenso.
Quellen und Erläuterungen
[1] Das Unkraut auf diesem Beet besteht überwiegend auf wild ausgesäten Kulturpflanzen, wie Baumspinat (Chenopodium giganteum), Garten-Fuchsschwanz (Amaranthus caudatus), etwas Dill und (nicht auf dem Bild) Kürbispflanzen und Tomaten (siehe Beitrag gestern)
[2] Der Begriff Beikraut anstelle von Unkraut hat sich in Deutschland mit dem Aufkommen der ökologischen Landwirtschaft und einem gesteigerten Umweltbewusstsein seit den 1990er Jahren zunehmend durchgesetzt. Der Begriff Beikraut drückt z.B. eine wertneutralere Sichtweise aus und erkennt an, dass diese Pflanzen eine Rolle im Ökosystem spielen. Sie sind Begleiter der Kulturpflanzen („bei“ bedeutet „neben“ oder „zusätzlich“), anstatt einfach als Störenfriede abgetan zu werden.
[3] https://web.archive.org/web/20240518150654/https://de.wikipedia.org/wiki/Unkraut
[4] Man nennt es Konservierende Bodenbearbeitung (englisch: Conservation Tillage); Minimalbodenbearbeitung (englisch: Minimum Tillage oder Reduced Tillage); Direktsaat (englisch: No-Till Farming oder Direct Seeding). Unter speziellen örtlichen Gegebenheiten sind das sinnvolle Landbautechniken, doch nicht in allgemeiner Anwendung!
[TJ.23.17]