Bratfette – Pflanzenöl, Margarine, Butter und Speck: Selbstverständlich in der Küche – doch wie wenden wir sie an?
Arbeitstitel: Fettverwirrung im Küchenschrank – Welche Öle wirklich gut für dich sind…
➡️ Wer in Ratgeberliteratur oder Onlinemedien nachliest, stößt schnell auf Aussagen über angebliche „Fett-Mythen“ [1] oder vermeintlich gesunde und ungesunde Fette.
🔸Doch was ist wirklich dran? Eigentlich dürfte es hier gar keine Unsicherheiten geben, weil in diesem Themenbereich alles gut und fundiert geklärt ist … sollte man meinen.
🔸Die Auswahl an Ölen und Fetten ist heute riesig: von kaltgepresstem Leinöl bis zu High-Oleic-Sonnenblumenöl, von traditionellem Schweineschmalz bis hin zu industriell verarbeiteten Margarineprodukten. Kein Wunder, dass viele Menschen verunsichert sind, wenn es um die Frage geht:
Was ist eigentlich ein „gutes“ Fett – und was ein „schlechtes“?
▶️ Und ist so eine bewertende Einteilung überhaupt gerechtfertigt?
▶️ Kurz gesagt: Ja.
Zumindest in zwei Punkten lässt sich eine klare Bewertung vornehmen: Erstens bei den Transfetten [1], die beim starken Erhitzen bestimmter Öle entstehen oder industriell gebildet werden.
▶️ Und zweitens – das zeigen neuere Erkenntnisse – kann ein stark verzerrtes Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren problematisch für die Gesundheit sein. Letzteres entsteht vor allem durch die häufige Verwendung bestimmter Pflanzenöle.
▶️ Doch gehen wir hier nicht weiter ins Detail. Wichtig ist: Die Unterscheidung in „gut“ und „schlecht“ ist berechtigt – aber sie bleibt oft unscharf, weil nicht klar ist, worauf sich die Bewertung überhaupt bezieht:
- Geht es um die gesundheitliche Wirkung?
- Den Kaloriengehalt?
- Die Natürlichkeit der Verarbeitung – oder ihren industriellen Grad?
- Oder etwa um den ökologischen Fußabdruck?
Solche Differenzierungen sind wichtig, wenn man Aussagen im Internet besser einordnen will. Deshalb möchte ich in diesem Artikel etwas Klarheit schaffen – und Fette sowie Öle nach Kriterien ordnen, die für eine alltagstaugliche Bewertung wirklich relevant sind:
- Hitzestabilität beim Kochen und Braten (Transfette)
- Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren
- Verarbeitung und Natürlichkeit
1. Öle und Fette zum Braten – auf Hitzestabilität achten
➡️ Ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl von Ölen und Fetten ist ihre Hitzestabilität – also die Frage, wie sie sich beim Erhitzen verhalten. Beim kräftigen Braten oder Frittieren können sich die Eigenschaften eines Fettes nämlich deutlich verändern. Dabei können unter anderem sogenannte Transfette entstehen – also chemisch trans-formierte Fettsäuren. Diese gelten als gesundheitlich bedenklich.
Immerhin: In der EU ist der Gehalt an Transfetten in industriellen Fertigprodukten inzwischen streng reglementiert bzw. verboten.
Das Problem kann aber auch in der eigenen Küche entstehen – nämlich dann, wenn wir Fette verwenden, die zum Braten oder Frittieren ungeeignet sind. Deshalb ist es wichtig zu wissen, welche Fette hitzestabil sind – und welche nicht.
Grundsätzlich gilt: Tierische Fette (z. B. Butterschmalz oder Schweineschmalz) sind in dieser Hinsicht weniger problematisch als viele ihrer pflanzlichen Pendants.
Natürlich gibt es auch hitzestabile pflanzliche Alternativen, etwa für Vegetarier oder Veganer. Diese finden sich in der folgenden Übersicht mit den Temperaturangaben zum sogenannten Rauchpunkt, bei dem Ttansfete entstehen können. Viel Erklärung braucht es nicht – es handelt sich um meine persönliche, nach Alltagstauglichkeit gewichtete Favoritenliste:
Liste 1
- Butterschmalz (Ghee): ~205–250 °C – Zusammen mit Kokosfett die Nr. 1 – exzellente Wahl für hohe Temperaturen. ✅✅
- Kokosfett: ~175–205°C (raffiniert bis ca. 230 °C) – Sehr stabil, geschmacksneutral (wenn raffiniert), gut geeignet für hohe Hitze. ✅
- Palmfett: ~220–230 °C – Funktionaler Kokosfett-Ersatz, aber ökologisch problematisch. Hoher Rauchpunkt. ⚠️
- Gänsefett: ~190–200 °C – Aromatisch und stabil, gut für moderate bis hohe Brattemperaturen geeignet.
- Schweineschmalz: ~180–220 °C – Traditionell, regional, gut verfügbar. Solider Rauchpunkt für viele Bratvorgänge. Ein ideales Bratfett! Es liefert Vitamin-D? ✅✅
- Rinderfett (Rindertalg): ~200–250°C – Extrem erhitzbar, aber geschmacklich speziell (eher für herzhafte Gerichte, z.B. Bratkartoffeln, Rindergulasch geeignet). ✅
- High-Oleic-Sonnenblumenöl: ~230–240 °C – Aus einer speziell gezüchteten Sonnenblumen-Sorte, die einen hohen Anteil an einfach ungesättigten Fettsäuren aufweist. Als Notlösung okay.
- Gewöhnliches Sonnenblumenöl: ~120–160 °C – Weniger hitzestabil. Eher für Salate oder sanftes Dünsten geeignet. Siehe unten Ω6:Ω3-Verhältnis: ❌❌
- Olivenöl* („Natives Olivenöl Extra“) ~180 °C – man nehme es lieber für Salate und zum Dünsten… ⚠️
Für die kalte Küche:
- Olivenöl* („Natives Olivenöl Extra“) siehe oben
- Walnussöl: ~130-160 °C – Intensiver nussiger Geschmack. Nur für die kalte Küche (Salate, Dressings) und zum Verfeinern von Speisen nach dem Kochen geeignet.
- Rapsöl (Nativ): 130-140 °C – Sehr gutes Omega-6 : Omega-3-Verhältnis. Neutraler Geschmack. Gut für die kalte Küche und moderates Dünsten/sanftes Anbraten bei niedrigeren Temperaturen.
- Leinöl ab 107 °C – Die reichste pflanzliche Quelle für Omega-3. Extrem hitzeempfindlich und anfällig für Oxidation. Ausschließlich für die kalte Küche (z.B. in Müsli, Quark, über Salate) verwenden.
*Es ist eine Besonderheit des kalt gepressten Olivenöls – man sollte es nur als „Natives Olivenöl Extra“ kaufen – dass die gesundheitlichen Vorteile nicht nur in seinen gesunden Fetten liegen, sondern maßgeblich in den sekundären Pflanzenstoffen (Polyphenolen). Diese bioaktiven Verbindungen, die für den charakteristischen bitteren oder pfeffrigen Geschmack verantwortlich sind, wirken stark antioxidativ und entzündungshemmend.
2. Omega-6 und Omega-3-Fettsäuren-Verhältnis
➡️ Ein relativ neu erforschter, oft übersehener Aspekt bei der Beurteilung von Speisefetten ist das Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren.
▶️ Beide sind für den Körper essenziell – doch ein Übermaß an Omega-6 (enthalten z. B. in Sonnenblumenöl, Maiskeimöl, Sojaöl sowie in vielen Fertigprodukten und Snacks) wirkt entzündungsfördernd.
▶️ Omega-3-Fettsäuren hingegen (zu finden etwa in Leinöl, fettem Fisch, Algenöl oder Walnüssen) gelten als entzündungshemmend – allerdings nur dann, wenn sie in einem ausgewogenen Verhältnis zu Omega-6 stehen.
▶️ Evolutionär lag dieses Verhältnis bei etwa 1:1 bis 3:1 (Ω6:Ω3) – also in einem natürlichen Gleichgewicht, wie es unserer ursprünglichen, „artgerechten“ Ernährung entspricht.
Heute sieht das anders aus: Unsere moderne Ernährung bringt es im Durchschnitt auf ein Verhältnis von 15:1 bis 20:1 (Ω6:Ω3) – also ein massives Übergewicht an Omega-6.
Ein solches dauerhaftes Ungleichgewicht kann chronische Entzündungen fördern und steht im Verdacht, Zivilisationskrankheiten wie Herz-Kreislauf-Leiden oder Stoffwechselstörungen zu begünstigen.
▶️ Die praktische Konsequenz: Hochomega-6-haltige Öle besser meiden – und gezielt mehr Omega-3-Fettsäuren in die Ernährung einbauen. Ideal wäre ein Verhältnis von 4:1 oder besser.
Etwas entschärfen lässt sich das Ungleichgewicht auch durch eine insgesamt gemüsereiche, pflanzenbetonte Ernährung (Fleisch ist aber erlaubt) und eine gesunde Lebensweise.
An dieser Stelle möchte ich mich aber gezielt auf den Aspekt der Öle und Fette konzentrieren. Die oben bereits genannte Liste (primär gewichtet nach Hitzestabilität) lässt sich sinnvoll um das Kriterium des Ω6:Ω3-Verhältnisses ergänzen.
Liste 2
Auch hier denke ich: Die Übersicht spricht für sich – eine weitere Erklärung ist kaum nötig.
- Butterschmalz (Ghee): Ω6:Ω3 = 10:1–20:1
- Kokosfett: Ω6:Ω3-Fettsäuren faktisch nicht vorhanden ✅✅
- Palmfett: Ω6:Ω3 = 20:1–46:1 ❌
- Gänsefett: Ω6:Ω3=10:1–20:1
- Schweineschmalz: Ω6:Ω3 = 10:1–20:1
- Rinderfett: Ω6:Ω3 = 5:1–10:1 ✅
- High-Oleic-Sonnenblumenöl: Ω6:Ω3 = 10:1–20:1
- Gewöhnliches Sonnenblumenöl: Ω6:Ω3 = 120:1–150:1 ❌❌
- Olivenöl* („Natives Olivenöl Extra“) Ω6:Ω3 = 9:1 ✅
Für die kalte Küche:
- Olivenöl* („Natives Olivenöl Extra“) siehe oben
- Walnussöl: Ω6:Ω3 = 4:1–6:1 ✅
- Rapsöl (Nativ): Ω6:Ω3 = 2:1 ✅
- Leinöl: Die reichste pflanzliche Quelle für Omega-3 Ω6:Ω3 = 1:4. ✅✅
3. Fett ist nicht gleich Fett – die richtige Frage hierbei lautet: Wie wurde es hergestellt?
Im ersten Entwurf meiner Recherche stellte sich noch eine weitere Frage:
Wie stark verarbeitet sind die Öle und Fette, die wir heute in der Küche verwenden – und wie naturbelassen sollten sie idealerweise sein?
Gerade bei pflanzlichen Fetten wie Margarine fällt auf, dass sie oft zahlreiche chemische und physikalische Verarbeitungsschritte durchlaufen. Da liegt es nahe, sich zu fragen, ob solche Produkte wirklich zu einer „artgerechten“ Ernährung passen – wenn wir bedenken, dass unsere Ernährungsbiologie sich über Hunderttausende von Jahren entwickelt hat, und auch in den letzten 10.000 bis 6.000 Jahren eine gewisse Konstanz aufwies.

Diese Thematik ist allerdings umfangreich – und verdient es, in einem eigenen Beitrag vertieft behandelt zu werden.
Fürs Erste sollen die oben zusammengestellten Listen und Informationen genügen. Ich denke, sie klären bereits viele gängige Missverständnisse – und bieten eine praktische Grundlage für eine bewusstere Auswahl an Fetten und Ölen im Alltag.
Quellen und Erläuterungen
[1] WEHRMANN; Johanna; utopia.de; Die 9 größten Fett-Mythen; 5. Juli 2025
[2] HÜNIG, Prof. Dr. Siegfried; Die Balance zwischen Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren. Ein Biomarker für unsere Gesundheit, der stimmen sollte.; Juni 2015
[3] Die oft verbreitete Annahme, pflanzliche Fette seien grundsätzlich gesünder als tierische, gilt heute als wissenschaftlich überholt. Neuere Metaanalysen (z. B. Siri-Tarino et al., 2010; De Souza et al., 2015) zeigen keinen klaren Zusammenhang zwischen dem Konsum gesättigter Fettsäuren (z. B. aus Butter oder Schmalz) und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Entscheidend ist vielmehr die Verarbeitungsweise der Fette sowie das jeweilige Ersatzfett. Insbesondere industriell verarbeitete Pflanzenfette mit Transfetten gelten als gesundheitlich problematisch. Das Thema wird in einem separaten Artikel vertieft.
[4] Rindertalg hat einen hohen Rauchpunkt (ca. 200–215 °C) und ist daher ideal zum: Braten von Fleisch, z. B. Steaks, Hackfleisch, Leber; Anbraten von Wurzelgemüse oder Kartoffeln (ähnlich wie Gänsefett oder Schmalz); Frittieren, z. B. Pommes oder Krapfen – britische chips wurden traditionell in Talg frittiert.
[5] Ist Fleisch gesund oder gefährlich? Die Ergebnisse von Studienzusammenfassungen | QS24 Gremium; die Website dazu: Die Warheit über Fleisch
[6] JACOB, Ludwig, Manfred; Dr. Jacobs Weg des genussvollen Verzichts · Die effektivsten Maßnahmen zur Prävention un Therapie von Zivilisationskrankheiten; Ingelheim am Rhein 2013 (von Dr. Med. Ludwig Manfred Jacob) „Wieviel und welches Fett ist gesund?“ Seite 123 ff
[7] Das evolutionär natürliche Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren lag vermutlich bei etwa 1:1 bis 3:1. Dieses ausgewogene Verhältnis ergab sich durch eine Ernährung mit Wildtieren, Fischen, Wildpflanzen, Nüssen und Samen, die alle ein günstiges Fettsäuremuster aufwiesen. Industriell hergestellte Omega-6-reiche Pflanzenöle (z. B. Sonnenblumen-, Maiskeim- oder Sojaöl) gab es nicht. Auch die Tiere wurden nicht mit Omega-6-reichem Kraftfutter gemästet. Erst mit der modernen Nahrungsmittelproduktion verschob sich das Verhältnis in vielen westlichen Ernährungsweisen auf 10:1 bis über 20:1, was als entzündungsfördernd gilt und mit verschiedenen chronischen Erkrankungen in Verbindung gebracht wird.
Und hier noch ein weiterfürhrender Video-Vortrag:
SCHMIDT, Dr. Martin; Schluss mit den skandalösen Speiseölen; 14.03.2025 (Kanal „Aus der Praxis für den Alltag # Dr. Martin Schmidt„)
Was ist mit raffiniertem Rapsöl zum Braten? Behält es sein günstiges Fettsäurenverhältnis? In deiner Liste 2 ist es nicht enthalten, Grund?
So weit ich rechercheirt habe bleibt das Fettsäurenverhältnis, doch zum Braten ist es wohl weniger geeignet, weil es eben nicht so heiß werden darf. Es wäre wie Olivenöl anzuwenden.