Zwetschgenbaum im Garten: Historische Küche, Dörrpflaumen & Pflanztipps

Eimer voller Zwetschgen

Zuerst wird kurz der Unterschied zwischen Zwetschgen und Pflaumen erklärt – und am Ende des Blog-Artikels folgt noch ein wichtiger Hinweis zur Baumpflanzung.

Der Unterschied zwischen Zwetschgen und Pflaumen

Zwetschgen und Pflaumen gehören beide zur Art Prunus domestica, doch die Zwetschge ist eine Unterart: Prunus domestica subsp. domestica. Es gibt jedoch eine zweite, synonyme botanische Bezeichnung für die Zwetschge, nämlich Prunus oeconomicus (Borkh.) [1], die ich selbstredend für die treffendere halte. Der vorliegende Beitrag wird dies zeigen; doch zunächst noch einmal kurz zu den Unterschieden:

  • Pflaumen: rundlich, oft weich und saftig, in verschiedenen Farben (rot, violett, gelb). Das Fruchtfleisch haftet stärker am Kern. Sie werden gern frisch gegessen oder zu Marmelade verarbeitet.
  • Zwetschgen: länglich-oval, blauschwarz bis violett, mit festerem, weniger wässrigem Fruchtfleisch, das sich leicht vom Kern löst. Sie haben einen höheren Zuckergehalt und eignen sich ideal zum Backen, für Pflaumenmus oder zum Trocknen (Dörrpflaumen).

👉 Kurz gesagt: Zwetschgen sind fester und süßer – Pflaumen saftiger und bunter in der Sortenvielfalt.

 


Zwetschgen in der Küche vor 200 Jahren: Ein natürliches Süßungsmittel

Vor gut 200 Jahren, als Zucker – meist aus Zuckerrohr gewonnen – noch ein teures und oft schwer erhältliches Gut war, spielten Zwetschgen eine zentrale Rolle in der häuslichen Küche. Ihre natürliche Süße machte sie neben Honig, Melasse, Birnen und Rosinen zu einem beliebten und vielseitigen Süßungsmittel, das sowohl in süßen als auch in deftigen Gerichten Verwendung fand.

 

Zwetschgen am Ast

Besonders Dörrpflaumen (getrocknete Zwetschgen) waren von Bedeutung: Sie galten nicht nur als wertvolles Handelsgut, sondern sicherten auch vielen Besitzern von Streuobstwiesen ein wichtiges Zusatzeinkommen. In diesem Zusammenhang entstanden traditionelle Figuren wie die sächsischen Pflaumentoffel (Bild unten) oder die fränkischen Zwetschgenmännla, die wir bis heute auf Weihnachtsmärkten finden. Vermutlich kennen jedoch nur noch wenige Menschen diese kulturhistorischen Hintergründe.

Dass Zwetschgen so allgegenwärtig waren, lag nicht zuletzt daran, dass sich Zwetschgenbäume im Garten leicht vermehren lassen – etwa durch Sämlinge oder Wurzelausläufer.

So gehörten sie in der damaligen Zeit zu fast jedem Hausgarten. Auch heute ist der Zwetschgenbaum im Selbstversorgergarten kaum wegzudenken. Ob für frisches Obst, Dörrpflaumen-Rezepte oder als Basis für klassische Gerichte der historischen Küche – die Zwetschge verbindet auf wunderbare Weise Vergangenheit und Gegenwart.

 

Ludwig Richter
Ludwig Richter (1853) Pflaumentoffel auf dem Dresdenr Striezelmarkt [1]. Auf dem Nürnberger Christkildelmarkt sind es die „Zwetschgenmännla“.

Dörren mit Kern

Traditionelle Methode: In vielen traditionellen Verfahren, besonders in kleinbäuerlichen oder häuslichen Kontexten, wurden Dörrpflaumen häufig mit Kernen getrocknet. Dies war einfacher, da das Entkernen zusätzlichen Aufwand bedeutet. Pflaumentoffel und Zwetschgenmännla sind üblicherweise aus Dörrpflaumen mit Kernen gefertigt.

In Regionen wie Süddeutschland, Österreich oder Franken wurden also Zwetschgen oft ganz (mit Kern) getrocknet, etwa in Dörrofen oder an der Luft (Sonne). Letzteres ist Mitte August noch gut möglich, da die Sonne noch kräftig scheint:

  1. Vorteile: Das Trocknen mit Kernen kann den Geschmack intensivieren, da der Kern während des Trocknens Aromen abgibt. Außerdem bleibt die Frucht stabiler und ist länger haltbar.
  2. Nachteile: Das Entkernen nach dem Trocknen ist mühsam, und die Kerne können beim Verzehr stören.

Heutigentags bleibt es uns natürlich vorbehalten die Zwetschgen auzukernen und zu trocken. Wer Solarstrom übrig hat, kann faktisch „kostenfrei“ mit einem Dörrgerät arbeiten und hat damit eine einfache Möglichkeit die Ernte haltbar zu machen.

Heute: Im Grunde hat sich nicht viel verändert

Heute ist Kristallzucker zwar für jeden Geldbeutel erschwinglich, doch es ist unbestritten, dass eine gesunde Ernährung davon profitiert, Zucker wo möglich zu reduzieren. Ein völliger Verzicht ist nicht nötig, aber wir sollten wieder auf altbewährte Alternativen zurückgreifen:

Wenn wir Dörrpflaumen oder Pflaumenmus etwa zum Würzen von Fleischgerichten neu entdecken, wird uns schnell der kulinarische Verlust bewusst, den wir hinnehmen, wenn wir anstelle dieser natürlichen Zuckerquellen raffinierten Zucker aus der Tüte verwenden.

Besonders Zwetschgenmus (Powidl, Latwerge) war und ist ein Grundnahrungsmittel in vielen Haushalten. Durch langes Einkochen ohne zusätzlichen Zucker entstand ein dickes, süßes Mus, das als Brotaufstrich oder als Füllung für Gebäck wie

  • Hefeknödel,
  • Buchteln oder
  • Krapfen diente.

Der natürliche Fruchtzucker der Zwetschgen macht zusätzlichen Zucker überflüssig.

Auch Zwetschgenkompott ist ein Klassiker, der als Beilage zu Mehlspeisen wie Milchreis, Grießbrei oder Pfannkuchen serviert wurde. Die natürliche Süße der Früchte machte solche Gerichte nicht nur lecker, sondern auch erschwinglich.

Simples Rezept für Pflaumenmus:

Auf derkleinegarten.de findest du ein Rezpt zur Herstellung von Zwetschgenmus, dass wenig Arbeit verspricht. Hier werden die ausgekernten Pflaumen in einer Auflaufform auf besondere Weise gestapelt (geschnittene Seite nach unten), dann im Backofen gebacken und anschließend püriert und abgefüllt. Einfacher geht es nicht 👩‍🍳

Zwetschgen in deftigen Gerichten

Überraschend für uns heute ist, dass Zwetschgen nicht nur in Süßspeisen, sondern auch in deftigen Gerichten eine wichtige Rolle spielten. Ihre süß-saure Note verleiht Fleischgerichten eine besondere Tiefe und sorgt für einen geschmacklichen Ausgleich zu salzigen oder sauren Komponenten. Besonders getrocknete Zwetschgen, also Dörrpflaumen, sind hierfür ideal, da sie haltbar gelagert werden können und schnell zur Hand sind. Sie lassen sich leicht in verschiedenen Gerichten einsetzen.

Ein typisches Beispiel ist der Schweinebraten, bei dem Dörrpflaumen mitgebraten oder in die Füllung gegeben wird. Auch beim Sauerbraten werden in manchen regionalen Varianten Zwetschgen verwendet, um die charakteristische süß-saure Soße zu verfeinern.

 

Mirabellen und Zwetschgen-Früchte
Mirabellen (links) finden wir im August auch verwildert in der Landschaft. Wir können sie wie die Zwetschgen verwenden.

Geflügelgerichte wie gefüllte Gänse oder Enten profitierten ebenfalls zu dem Dörrobst, da diese die Fettigkeit des Fleisches mit ihrer fruchtigen Säure ausbalancierten. In Eintöpfen und Schmorgerichten mit Rind- oder Lammfleisch sorgten getrocknete Zwetschgen für einen komplexeren Geschmack, der die Gerichte abrundet.

Backpflaumen werden in der Küche auch häufig als Beilage oder Zutat zu Wildgerichten gereicht.

Diese Kombination von süßen Früchten und Fleisch war in der historischen Küche weit verbreitet. Wenn wir nach weiteren kulinarischen Anregungen suchen, dann lade ich ein, doch abwechslungsweise mal in alten Kochbüchern zu stöbern. Bei Google Books wirst du fündig.

 


Noch ein wichtiger Tipp zur Pflanzung eines Zwetschgenbaumes

Wenn du vor hast demnächst eine Zwetschge zu pflanzen – der Oktober oder März ist eine guter Zeit dafür – und wer die Möglichkeit hat diesen Baum in eine Rasenfläche zu setzten (man lässt in den ersten Jahren einen Ring um den Setzling frei vom Rasen) – der tu das.

Es ist nämlich so, dass wir die Zwetschen nicht unbedingt einzeln von der Leiter aus pflücken müssen. Man kann die Früchte auch herunterschütteln und dann auf dem Rasen auflesen. Bei den Zwetschgen war das immer schon so üblich.

Zwetschgenbaum
Im Grunde braucht ein solcher Baum auch nicht viel Pflege. Wir nehmen uns schon seit fünf Jahren vor, ihn mal etwas auszulichten … doch er trägt auch ohne Schnitt hervorragend…

Und da ich eingangs kurz die Streuobstwiesen erwähnte. Zu diesem Thema schrieb Thomas Jacob schon vor Jahren einen ausführlichen Artikel auf derkleinegarten.de und erwähnte dort folgendes. Vielleicht ist es ja für irgendjemanden relevant:

So pflanzten die Alten die Obstbäume, welche im höheren Alter sehr ausladend wurden (Mostäpfel), auf 16 Meter Abstand und dazwischen z.B. Zwetschen (diese also auf 8 m Abstand zu den Apfelbäumen). Erstere alte Obstbaumsorten kamen erst nach 30 oder 40 Jahren in den vollen Ertrag.
Die Zwetschen und ähnliche kurzlebigere Arten wurden nach 20 bis 30 Jahren aus der Anlage herausgenommen, um den Apfelbäumen Platz zu schaffen. Bis dahin brachten diese Steinobstarten jedoch schon einen ordentlichen Gewinn, der allein mit dem Kernobst nicht zu bewerkstelligen war.

Weitere Hinweise

[1] Der Botaniker, der die Zwetschge als Prunus oeconomicus (Borkh.) bezeichnete, war Moritz Balthasar Borkhausen (1760–1806), ein deutscher Naturforscher und Forstbotaniker. Borkhausen verwendete diesen Namen in seinem Werk „Versuch einer forstbotanischen Beschreibung“ (1790), wo er die Zwetschge (heute wissenschaftlich als Prunus domestica subsp. domestica L. bekannt) als Prunus oeconomicus klassifizierte. Der Name oeconomicus (lateinisch für „wirtschaftlich“ oder „nützlich“) spiegelt die wirtschaftliche Bedeutung der Zwetschge wider, insbesondere wegen ihrer Nutzung als Süßungsmittel und Handelsgut, wie im Text oben beschrieben.

[2] Ludwig Richter gab dieser Radierung (1853) im Bild selber den Titel „Ausverkauft wegen Geschäftsaufgabe“ (Text auf der Holztafel). Zunächst mag man einen scherzhaften Untertitel vermuten, doch es ist wohl eher ein Stück Melancholie über den Wandel seiner Zeit: Richter betrauerte den Verlust der traditionellen, als idyllisch empfundenen Lebenswelt des Biedermeier. Die ehemals besinnliche und von handwerklichem Schaffen geprägte Weihnachtszeit, wie er sie in seinen Werken darstellte, wurde zunehmend von Massenproduktion und Konsum verdrängt. Das „Ausverkauft wegen Geschäftsaufgabe“ stand somit symbolisch für das Ende einer Epoche und seiner künstlerischen Heimat. Und trotzdem haben die Pflaumentoffel überlebt…

[3] Noch mal zu Unterschieden: Pflaumen, Zwetschen, Renekoden

[4] Lies noch einen Beitrag über die Kirschpflaumen, die schon im Juli reifen und oft mit den Mirabellen verwechselt werden: Kirschpflaumen (Mirabellen) ohne Entkernen einkochen – Das beste Mus für Faule und Schlaue (mit Rezept ohne Zucker)

🍑 Zählmarke Fotos und Text: G. Jacob, 16.8.2025

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