Bild oben: Generiertes Symbolbild. [Recherche zum Beitrag]
Heute präsentiere ich einen Blog-Artikel zu einem besonderen Thema, auf das mich vor geraumer Zeit ein junger italienischer Freund aufmerksam gemacht hatte. Es geht um das Garen und Braten von Schweinen in der Erdgrube, eine uralte Praxis, die noch heute auf Sardinien in touristischen Programmen und in rustikalen Gourmet-Restaurants zu finden ist.
Erdofen-Garen, wie in der Steinzeit
Nach anfangs erfolglosen Recherchen, fand ich kürzlich einen detaillierten Online-Artikel. Spannend war dabei, dass ich beim Studium des sardinischen Erdofen-Garens zunächst eine Technik vermutete, die dem berühmten Kalua-Schwein der Hawaiianer gleicht. Bei diesem kommen erhitzte Steine zum Einsatz. Doch auf Sardinien ist alles ganz anders: Hier wird ein geschlachtetes Tier relativ flach in die Erde eingegraben und darüber ein Holzfeuer entfacht, dessen Glut das Fleisch darunter gart und brät. Unten führe ich das genauer aus.
Allgemein ist die Methode der Fleisch- und Gemüsezubereitung in Erdgruben uralt und reicht bis in die Mittelsteinzeit zurück. Man kannte sie bereits vor 30.000 Jahren. Heute entdecken wir sie immer noch, weltweit in verschiedenen Varianten praktiziert, und vorzugsweise bei Festlichkeiten angewendet. Allerdings finden wir sie eher in etwas isolierten Kulturen, wie etwa bei den nordafrikanischen Beduinen, in Teilen Indiens, in Neuguinea, auf den Fidschi-Inseln und Hawaii sowie in Neuseeland und in Peru. Die Liste ist sicher nicht vollständig.
Nicht bekannt war mir, dass diese Technik auch auf Sardinien zum Einsatz kommt, spezifisch für das Garen von Schweinen, was dort ironischer weise als „Carne a Carraxiu“ bezeichnet wird, und so viel wie „beerdigtes Fleisch“ heißt. Traditionell praktizieren dies die Hirten in den Bergen und bis vor kurzem war es schwierig, im Internet detaillierte Informationen darüber zu finden. Meist führte die Suche nur zu den „oberirdisch“ gegrillten Spanferkeln, den Porchetta. Auch sie sind einen landestypische Delikatesse.
Schließlich stieß ich durch Zufall eine italienische Webseite, welche die Zubereitung der Carne a Carraxiu detailliert beschreibt. Und vielleicht trägt mein Blog-Beitrag nun auch noch dazu bei, diese alte Tradition klarer in Erinnerung zu halten und mehr darüber zu informieren. Der besagte Artikel ist reichlich mit Bildern ausgestattet, die für sich schon viel erklären: ZICCHEDDU, Francesco; Su proccu a carraxiu, Unterirdisch gegartes Schweinefleisch; 12.1.2023. (aus urheberrechtlichen Gründen kann ich das Bildmaterial der verlinkten Seiten hier nicht zeigen)
Das Garen in der Erde – eine mögliche Anleitung
Allerdings, wie Francesco Ziccheddu betont, stellt die moderne Variante des im Erdofen gegarten Ferkels nur eine vereinfachte Form der ursprünglichen Tradition dar. Früher verwendete man für das aufwendige Garen bevorzugt größere Fleischstücke wie ausgewachsene Schweine, Schafe oder gar junge Rinder. Das Schlachten von jungen Schweinchen, wie es bei der Porchetta-Praxis üblich ist, war für das Erdofen-Garen eher ungewöhnlich. Dies lag wohl daran, dass die Haltung der Hausschweine halbwild und in freier Wildbahn stattfand (und stattfindet), was die Mast von ausgewachsenen Schweinen effizienter machte, statt sie als Ferkel zu schlachten. Zudem geben die ausgewachsenen Schweine den vorzüglichen Prosciutto di Pecorino Sardo, den sardischen Rohschinken. Wenn Spanferkel zubereitet wurden, dann seltsamerweise nur am Spieß über dem Feuer. Interessanterweise galt das auch für Wildbret, einschließlich der Wildschweine.
Zum Erdofen-Garen beschreibt Dr. Ferdinand Hirschelmann in seiner Publikation über Sardinien (von 1823) aber noch folgende, recht ungewöhnliche Variante:
„Man bereitet auf diese Weise [Erdofen] nicht nur Schafe und ganze Schweine, sondern auch Kälber und junge Kühe, und nichts soll an Geschmack einen solchen Braten übertreffen. Bei festlichen Anlässen stecken die Hirten der Bergregionen manchmal ein Spanferkel in ein ausgeweidetes Schaf, dieses wiederum in ein Kalb und braten die gesamte Anordnung auf die beschriebene Art, was einen ganzen Tag in Anspruch nimmt.“
Garen mit knuspriger Schwarte
Kommen wir nun zur Gegenwart und zur Gar-Technik von Francesco Ziccheddu zurück. In seinem Artikel beschreibt er das Prinzip des einfachen sardinischen Erdofen-Garens und -Bratens. Nach meiner Interpretation erhält das Schweinchen dabei nicht nur durch den Garprozess in der Erde eine knusprige Schwarte, sondern auch eine Konsistenz, die dem Backen in einem herkömmlichen Ofen ähnelt.
Die knusprige Schwarte entsteht (nach Ziccheddu), indem man das Ferkel in eine Grube legt, deren Boden zusätzlich mit Holzkohleglut bedeckt wurde. Darauf wird das Fleisch, geschützt eingepackt, platziert und dann mit Erde bedeckt, sodass nur eine zwei bis drei Zentimeter dünne Erdschicht über dem Spanferkel bleibt. Anschließend wird auf dieser dünnen Schicht ein Holzfeuer von moderater Größe entfacht, das viel Holzkohleglut erzeugen soll. Nach meinen Erkenntnissen kann man das Feuer dann etwa fünf bis sechs Stunden brennen lassen, um das Carne a Carraxiu zu garen. Alternativ ist es möglich, sobald genug Glut vorhanden ist, das Feuer mit Rasensoden abzudecken und die Nacht über die Resthitze zu nutzen, um das Fleisch bis zum nächsten Mittag perfekt zu garen.
Vorbereitung des Spanferkels
Für die Vorbereitung des Ferkels wird es reichlich mit Kräutern und ganzen Knoblauchzwiebeln gefüllt (und vermutlich gesalzen und gewürzt), bevor es von außen mit Zweigen umwickelt wird, um es vor direkter Hitze und Glut zu schützen. Ziccheddu wickelt das Ferkel zudem in stabile Alufolie ein und legt es auf ein Drahtgitter, um es einfacher aus der Erde heben zu können.
Das Versenken in die Erdgrube ist relativ einfach: Die Grube wird nach der Größe des Fleischstücks gegraben, wobei man rundherum 20 Zentimeter zusätzlich einplant. Optional kann man den Boden der Grube mit flachen Steinen auslegen, um die Wärme besser zu speichern, was jedoch nicht zwingend notwendig ist.
Einfach Nachmachen?
Theoretisch könnten wir auch nördlich der Alpen dieses besondere Garen und Backen der Schweine in der Grube nachmachen. Allerdings wird es niemals ein echtes Carne a Carraxiu sein, und hier ist der Grund: Die auf Sardinien praktisch frei lebenden Hausschweine (schwarze iberische Schweine), ernähren sich in den Bergen von aromatischen Kräutern und finden in den Herbstmonaten in den Korkeichenwäldern reichlich Eicheln. Diese Tiere mit ihrem Premiumfleisch stehen in krassem Gegensatz zu den in der Massentierhaltung aufgezogenen Schweinen, wie wir sie haben.
Ich schere aus!
Mit diesem Gedanken schließe ich meinen heutigen Blogbeitrag ab. Wer mehr erfahren möchte, kann die gestern von mir erstellte detaillierte Rechercheseite besuchen, wo ich auch einige weiterführende Themen gestreift habe. Zum Beispiel fand ich in der bereits erwähnten Publikation von 1823 einen bemerkenswerten Satz: „Nach dem Brot ist Fleisch das Hauptnahrungsmittel der Sarden.“ Dazu gehören noch Wein und Käse. Ernährungstechnisch fand ich das amüsant, liebe Rohköstler, Vegetarier und Veganer: Sardinien wird, ähnlich wie Hokkaido in Japan, oft als die Insel der Hundertjährigen bezeichnet… Fazit: Ich schere endgültig aus! Sardische Salami, Landschinken, aromatischer Käse, knuspriges Fladenbrot und täglich ein Glas Wein – oder auch zwei. Das könnten die Geheimnisse für ein langes Leben sein… oder: das sind sie!
P.S. Ziemlich ähnlich verhält es sich (was verwilderte Schweine betrifft) nördlich von Sardinien, auf der französischen Insel Korsika. Dazu schrieb ich den Blog-Artikel: „Die Edelkastanienwälder auf Korsika – Ein Waldgarten-Konzept im Riesenformat?“