Spektakulärer Fund am Morteratsch-Gletscher – vor 10.000 Jahren: Nadelwald und 2°C wärmer als heute…

Bildschirmfoto laeche unter gletscher 3

Bild oben: Die Fundstelle am Morteratsch-Gletscher. ©Kai Zorn 2025

10.000 Jahre alte Lärche am Morteratsch-Gletscher (Schweiz)

Am 29. Juni 2025 veröffentlichte der bekannte Meteorologe Kai Zorn – Betreiber des empfehlenswerten YouTube-Kanals Kai Zorn Wetter – Aufnahmen vom Morteratsch-Gletscher [1] in der Berninagruppe im Kanton Graubünden, Schweiz. Die Bilder vom 24. Juni 2925 zeigen einen außergewöhnlichen Fund, der durch den fortschreitenden Rückzug des Gletschereises freigelegt wurde: Den Wurzelstock einer mächtigen Lärche (Larix decidua), der noch immer fest im Boden verankert ist.

Zu sehen sind in dem Video auch die beiden Entdecker dieses bedeutenden Relikts: Der renommierte Quartärgeologe Prof. em. Christian Schlüchter sowie Christoph Korte, Associate Professor an der Universität Kopenhagen. Sie dokumentieren, wie der subfossile Baumstumpf nach Jahrtausenden erstmals wieder an der Oberfläche erscheint.

 

Lärchenwald im Altai-Gebirge
Lärchenwald im Altai-Gebirge [6]
Im Video folgen noch kurze Ausführungen zu Geschichte der Gletscherausbreitung: Nach dem Ende der letzten Eiszeit [2] zogen sich die Alpengletscher rasch zurück – eine Phase außergewöhnlich schneller Erwärmung auf der Nordhalbkugel setzte ein. In den neu eisfreien Höhenlagen breiteten sich vor rund 10.000 Jahren Lärchenwälder aus (siehe „Atlantikum“ unten). Doch diese günstige Klimaperiode währte nicht ununterbrochen: Es folgten wiederholte Kältephasen mit Gletschervorstößen, die Bäume wie diese Lärche unter Eis und Geröll begruben und konservierten.

 


Insgesamt kam es seitdem vermutlich zu acht Wechseln zwischen Gletscherrückgang und erneutem Vorstoß, bei denen der Boden aufgewühlt und über die Zeit der Baumstumpf mit Sedimenten überdeckt wurde.

Der letzte große Gletschervorstoß – der Höhepunkt der sogenannten Kleinen Eiszeit [3] – erreichte seinen maximalen Stand Anfang des 19. Jahrhunderts, was gleichzeitig die Maximalausbreitung des Gletzschers nach der Eiszeit war (!).

Vermutlich wurde der Baumstumpf dabei wieder an die Oberfläche befördert – wo er nun, rund 200 Jahre später, der Wissenschaft und Öffentlichkeit zugänglich wurde.


Quelle der Video-Dokumentation: „Große Hitze bis Mittwoch – Auftakt oder Abgesang? Wettervorhersage 29.06.-06.07.2025. Spezial!“; Kai Zorn Wetter; 29.06.2025 [5]


Weitere Bemerkungen und Hintergrund-Informationen

[1] Der Morteratsch-Gletscher erstreckt sich über eine Höhe von etwa 2.000 Meter bis zu über 4.000 Meter über Meer. Die Gletscherzunge liegt derzeit auf etwa 2.020 Meter, nachdem sie seit 1878 durch Rückzug etwa 110 Höhenmeter nach oben verlagert wurde. Die Akkumulationszone reicht bis zu den Gipfeln der umliegenden Berge wie dem Piz Bernina (4.049 Meter) und anderen Gipfeln der Berninagruppe.
https://de.wikipedia.org/wiki/Morteratschgletscher

[2] Die letzte große Eiszeit (Weichsel-Kaltzeit) endete eigentlich bereits um etwa 15.000 v. Chr. mit einer raschen Erwärmungsphase, dem sogenannten Bölling-Allerød-Interstadial. Doch zwischen ca. 10.850 und 9.620 v. Chr. kam es überraschend zu einem markanten Kälterückfall – der Jüngeren Dryaszeit, auch Tundrenzeit genannt. Diese rund tausend Jahre währende Kälteperiode war durch extreme Trockenheit in vielen Weltregionen geprägt. Gleichzeitig trat auch auf der Südhalbkugel ein abrupter Kälteeinbruch in der Antarktis auf. Mitunter wird das Ende der Jüngeren Dryaszeit auch als das eigentliche Ende der letzten Eiszeit angesehen.

Der Fund in der Videodokumentation oben bezieht sich offensichtlich auf das folgende „Atlantikum“ (etwa 9000 bis 6000 v. Chr.), welches sich wiederum durch eine wirklich rasante Klimaerwärmung auszeichnete. In dieser Zeit wurde das Klima in Mitteleuropa spürbar wärmer und feuchter.

Und auch in der Sahara beginnt rasch eine nacheiszeitliche Feuchtperiode (9000 bis 3000) – die Grüne Sahara – der sommerliche Monsunregen dringt nach Norden.

[3] Die sogenannte Kleine Eiszeit bezeichnet eine kühlere Klimaphase, die etwa vom späten 14. Jahrhundert bis ins frühe 19. Jahrhundert andauerte. Um 1800 wurde vielerorts das klimatische Minimum erreicht: Die Sommer waren ungewöhnlich kühl und niederschlagsreich, die Winter streng. Ursachen waren u. a. eine geringe Sonnenaktivität (z. B. das Dalton-Minimum), verstärkte vulkanische Aktivität sowie Veränderungen der Meeresströmungen. In den Alpen kam es infolgedessen zu einem erneuten Vorrücken vieler Gletscher, die in dieser Zeit ihre größte Ausdehnung seit der letzten Eiszeit Holozän erreichten.

Von diesem Punkt aus „normalisiert sich seither das Klima“ – was heutigentags als Katastrophe angesehen und der CO2-Zunahme in der Erdatmospäre zugesprochen wird. Meine persöhnliche Richtigstellung dazu findest du hier.

[5] Video: Große Hitze bis Mittwoch – Auftakt oder Abgesang? Wettervorhersage 29.06.-06.07.2025. Spezial!; Kai Zorn Wetter; 29.06.2025; YouTube-Code: qFx6sSJhHDw

[6] Bildquelle: https://commons.wikimedia.org/ Chuya Alps, Altai. Die Altairepublik. Russische Föderation. Ein Blick vom See Shavlo auf den Nord-Chya-Gebirge mit dem Wald Larix sibirica im Vordergrund; 8. September 2011.

 


Das Atlantikum

„Damals lagen die Durchschnittstemperaturen um 1 bis 2 Grad Celsius höher als heute – ein mildes, wachstumsfreundliches Klima.

Zunächst war Mitteleuropa noch von halboffenen Landschaften geprägt – weite Graslandschaften mit nur vereinzelten Bäumen, wie man sie aus heutigen Steppengebieten kennt. Diese Flächen wurden bald von lichten Kiefern- und Birkenwäldern abgelöst. Doch auch diese hielten sich nicht lange: Die Haselstrauchgewächse, die sich besonders gut an das feuchte Klima anpassen konnten, breiteten sich schnell aus und verdrängten andere Arten.

Etwa ab 9000 v. Chr. entstanden schließlich dichte Laubmischwälder. Eichen und Linden dominierten diese Wälder, während in feuchteren Bereichen Ulmen, Eschen und Bergahorne wuchsen. Ab etwa 6800 v. Chr. kamen im südlichen Mitteleuropa auch Buchen und Tannen hinzu – ebenfalls typische Arten für ein gemäßigtes, feuchtes Klima. Von Anatolien breiteten sich seit 9000 v. Chr. der Ackerbau bis nach Europa aus. [Siehe: Agrargeschichte-Zeittafel.]

Klima der Alpen

Auch in den Alpen veränderte sich die Vegetation. In höheren Lagen entstanden Wälder aus Nadelbäumen sowie sogenannte Krummholzzonen – niedrige, buschige Gehölze, die an die harschen Bedingungen großer Höhen angepasst sind. Die Waldgrenze, also die maximale Höhe, bis zu der Bäume noch gedeihen können, verschob sich deutlich nach oben: von etwa 1400 Metern am Ende der letzten Eiszeit auf bis zu 2400 Meter im mittleren Holozän.

Textquelle, Text stark vereinfacht wiedergegeben: Dieter Anhuf, Achim Bräuning, Burkhard Frenzel und Max Stumböck; „Die Vegetationsentwicklung seit dem Höhepunkt der letzten Eiszeit“; Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Klima, Pflanzen- und Tierwelt, 2003; PDF in den Webarchiven: https://archiv.nationalatlas.de

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