🌱 Neulich wurde ich einmal gefragt, welche Einstellung ich zur Permakultur habe und ob ich beispielsweise meine Anbaufläche im Garten umgrabe oder nur lockere, beziehungsweise wie ich zu entsprechenden Anbaumethoden stehe. Da mir solche Anfragen nicht zum ersten Mal begegnen, beschreibe ich mit folgenden Worten meine Garten-Philosophie:
Ich praktiziere eine von mir angepasste Alternative zum klassischen Permakultur-Anbau.
Meine Nicht-Ideologie
Man könnte es auch „ideologisch befreiter Ă–ko-Gartenbau“ nennen. Ich verfolge als Freund freier Marktwirtschaft auch im Hausgarten ein vergleichsweise rein ökonomisches Konzept. Der Garten ist bei mir kein ideologisches Statussymbol, wie es in entsprechenden Kreisen oft beobachtet und nicht selten selbstbewusst und lautstark beworben wird. Als Verfechter maximaler bĂĽrgerlicher Freiheiten gebrauche ich meine kleine Selbstversorger-Wirtschaft als Mittel zum Zweck. Sie hilft mir, weitestgehend wirtschaftlich unabhängig von äuĂźeren Umständen (= Autarkie) zu bleiben.
Der Markt
Meine Familie – also quasi der Markt – wünscht sich frische Bio-Lebensmittel (Obst, Gemüse, Eier, Honig, Räucherware u.s.w.) mit kontinuierlicher Lieferung und ich produziere diese Lebensmittel mit möglichst wenig Aufwand und geringen Kosten. Aus Arbeitszeit-ökonomischen Gründen halte ich die Anbaufläche so gering wie möglich und kombiniere Intensivanbau mit einem sinnvollen Einsatz von Technik. Das Ganze habe ich mit einer rentablen Hühnerhaltung und dem Anbau von schnell nachwachsendem Holz für meine Ofenheizung kombiniert. Das alles, ohne in Sachen Selbstversorgung die Sicht auf die Realität zu verlieren.
Im Kleinen kann eine Ă–ko-Wirtschaft sehr rentabel sein
Es ist durchaus kein Zufall, dass es im kleinen Maßstab sehr gut möglich ist, auf Agrochemie zu verzichten und trotzdem hohe Erträge zu erwirtschaften. Unsere Altvorderen haben das ja auch ohne Chemie und Gentechnik hinbekommen, und sie waren durchaus oft hochproduktiv. Ich denke da nur an die Pariser Marktgärtner, an die niederländischen Gartenbaubetriebe vor 200 Jahren oder Gärtner in Sachsen, meiner Heimat. Das Königreich Sachsen war früher einmal ein Hauptanbaugebiet von Knollensellerie, was auf eine vorhandene außerordentliche Effizient alter Anbaumethoden hinweist. Knollensellerie baut man nämlich entweder hocheffizient mit hohen Erträgen an oder gar nicht.
Dabei setze ich durchaus alternative Gartenbau-Techniken der heutigen Zeit ein, aber nur wenn sie nutzbringend sind. Doch wenn man genau hinschaut, sind es die bereits bewährten alten Methoden des 19. Jahrhunderts. In Büchern [1] wurden sie schon damals umfangreich beschrieben.
Unser GemĂĽsegarten wird so bestellt, wie vor 200 Jahren ĂĽblich. Nur die Beregnung ist modern. |
Kommentierte alternative Anbaumethoden (alphabetisch)
Aquaponik
Ein System, das Fischzucht (Aquakultur) und Pflanzenanbau (Hydroponik) kombiniert.
→ Das System ist technisch aufwändig und ein „Versuchsfeld“.
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Biodynamischer Anbau (inbegriffen Gärtnern nach dem Mond)
Eine ökologische Anbaumethode, die spirituelle und kosmische Aspekte in die Landwirtschaft integriert.
→ Finde ich gut, habe aber keine Zeit dafür.
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Effektive Mikroorganismen (EM), arbeiten mit …
Effektive Mikroorganismen sind Mischkulturen von nützlichen Mikroorganismen, die in der Landwirtschaft und im Gartenbau verwendet werden, um die Bodenqualität zu verbessern und das Pflanzenwachstum zu fördern. Diese Mikroorganismen umfassen Bakterien, Hefen und Pilze.
→ Super, aber nur im Zusammenhang mit Kompostwirtschaft oder Terra Preta. Dann wirklich effektiv.
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Hochbeete
Das sind die beliebten erhöhten Gartenbeete, die mit Erde und organischen Materialien gefüllt sind. Sie ermöglichen eine bessere Kontrolle über die Bodenbedingungen und erleichtern den Anbau von Pflanzen.
→Siehe auch Hügelbeet-Kultur. In Gärten mit viel Baumschatten sind sie nützlich, weil das Gemüse dann eher Licht abbekommt. Auch für Menschen mit Rückenproblemen können sie eine Alternative sein.
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HĂĽgelbeet-Kultur
Eine Methode (80er Jahre), bei der organische Materialien wie Holz und Pflanzenreste zu HĂĽgelbeeten aufgeschichtet werden.
→Nur in den seltensten Fällen sinnvoll (z.B. bei sehr hohem Grundwasserspiegel); ansonsten „Ratten-Aufzucht-Anlagen“.
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Keyhole Gardening (SchlĂĽsselloch-Garten)
Ein kreisförmiges Beet mit einem zentralen Kompostkorb, das leicht zugänglich ist und gut bewässert wird.
→ Hab ich hier beschrieben (12.6.2024). Ich halte es für unnütz.
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Lasagna Gardening (Schichtmulchen)
Das ist eine Methode, bei der verschiedene organische Materialien schichtweise auf den Boden aufgetragen werden, ähnlich wie bei der Zubereitung einer Lasagne. Dafür kommen sowohl kompostierte als auch nicht-kompostierte Stoffe zum Einsatz.
→ Eine schöne Spielerei und „Mäuse-Aufzucht-Anlage“.
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Mischkultur (Companion Planting)
Das wohl bekannteste Kultivieren verschiedener Pflanzenarten in enger Nachbarschaft, um voneinander zu profitieren.
→ Wird im Kleingarten oft falsch angewendet, da die Pflanzen nicht selten viel zu dicht stehen. Als Reihen-Mischkultur aber praktikabel.
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Mulchen (allgemein)
Das Mulchen ist eine bekannte, gängige, landwirtschaftliche Praxis, bei der eine Schicht organischen oder anorganischen Materials auf die Bodenoberfläche aufgebracht wird.
→ Mulchen “kann” hilfreich sein. In der Regel wird es aber falsch angewendet. In Klimazonen mit wenig Niederschlag ist es sinnvoll. Wir nutzen es nur temporär.
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Mulch Gardening, korrekter: Kompost-Mulchen
Die Technik des Kompost-Mulchens beinhaltet das jährliche Auftragen von reichlich Komposterde auf die Anbaufläche. In der Regel wird das mit No-Dig Gardening verbunden.
→ Tolle Sache, nur muss jährlich ein LKW-Ladung an Komposterde heranfahren.
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No-Dig Gardening (Gärtnern ohne Umgraben)
Eine Methode, bei der der Boden nicht umgegraben wird, um die Bodenstruktur und das Bodenleben zu erhalten.
→ Ist in den Tropen relevant, bei uns selten.
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Permakultur
Ein ganzheitlicher Ansatz, der sich auf die Schaffung von nachhaltigen und sich selbst erhaltenden landwirtschaftlichen Systemen konzentriert.
→ Es ist mehr Philosophie, als Anbautechnik – kann bei richtiger Anwendung gut funktionieren.
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Terra Preta
Anbau mit „Schwarze Erde“, durch beigemengte Holzkohle. Kulturboden, der ursprünglich von indigenen Völkern im Amazonasgebiet hergestellt wurde (nicht nur dort). Sie bestand dort aus einer Mischung von Holzkohle, organischen Abfällen, Tierdung und Tonscherben. Terra-Preta-Boden entsteht durch den viel gescholtenen, aber hocheffizienten Brandfeldbau (Feuer-Feldbau). In den Tropen bleiben durch den Holzkohle-Anteil im Boden die Mikroorganismen länger aktiv und der Humus wird länger erhalten (Wanderfeldbau im Tropenwald).
→ Ist sinnvoll, aber nur wenn die Terra-Preta-Erde biologisch aktiviert ist (z.B. durch Effektive Mikroorganismen).
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Tiefbeetkultur (Ăśbertiefe Bodenbearbeitung nach John Jeavons)
Die Methode, auch bekannt als „Biointensive Gardening“ oder „Double Digging“, wurde und wird von John Jeavons (Kalifornien) populär gemacht. Sie zielt darauf ab, durch intensive und tiefgehende Bodenbearbeitung die Bodenstruktur und -fruchtbarkeit zu verbessern und dabei die Pflanzdichte zu maximieren.
→ Für denjenigen, der die Voraussetzungen dafür hat, sehr effizient. Früher gehörte es auch in unseren Breiten uns unter der Bezeichnung Holländern und Rigolen zur üblichen Gartenbautechnik.
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Vertical Gardening (Vertikaler Gartenbau)
Der Anbau von Pflanzen auf vertikalen Flächen, wie Wänden oder speziell gestalteten Strukturen.
→ Eine schöne Spielerei, aber auch halt nur eine schöne.
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Waldgarten (Forest Gardening)
Ein mehrschichtiges Anbausystem, das die Struktur eines natĂĽrlichen Waldes nachahmt.
→In den Tropen möglich. In unsere Breiten oft in gleicher Weise übernommen, was nicht funktioniert, da Tageslichtzeiten und Lichtintensität ganz andere Werte haben. Die Alternative dazu beschreibe ich hier (12.7.2024).
Bild: Auch Hühner gehören zu meinem Selbstversorgergarten. Bei der sommerlichen Hitze verbringen sie die meiste Zeit des Tages im Staubbad, weswegen das weiße Gefieder der Hennen schmutzig grau ist.
Und wir haben zur Zeit ein Spätzlein, dass sich irgendwie als Huhn fühlt und sich der Hühnerherde angeschlossen hat. Vielleicht sucht es auch nur eine neue Mutter. Das Hühner-Spätzlein werde ich sicher am Wochenende noch genauer vorstellen.
Erläuterungen
[1] LANGE, Theodor; Allgemeines Gartenbuch – 2. Band: GemĂĽse- und Obstbau; Leipzig 1897; Seite 137
Online bei Google Books: https://books.google.de/books?id=YTxEAAAAYAAJ
„Knollensellerie […] Während der Bleichsellerie nur hier und da als Leckerei gebaut wird, ist der Knollsellerie ein Handelsartikel wie wenig andre GemĂĽse. Sein Maſſenanbau ĂĽbertrifft an vielen Orten, z. B. im Königreich Sachsen, denjenigen des Kopfkohls bedeutend, obgleich der Kohl ein NahrungsgemĂĽse, der Knollensellerie nur eine GewĂĽrz- und Salatpflanze darstellt.
Das Hauptstreben geht bei der Knollselleriekultur dahin, Riesenknollen zu erzeugen, und wir erreichen dieses durch starke Düngung erster Tracht und vollständige Ausnutzung derselben durch energisches Gießen…”