Bild: Mit ein wenig Fachwissen, das sich jeder leicht aneignen kann, ernten wir täglich ein Kilogramm Gemüse aus unserem Kleingarten!
Den Anbau für das Gartenjahr planen
Bevor das Gartenjahr in vollem Umfang beginnt, lohnt es sich, durchdachte Pläne [1] für den Anbau essenzieller Gemüsesorten zu schmieden – oder vielleicht noch das eine oder andere Obstgehölz zu erwerben. Gerade Letzteres erfordert Weitsicht: Die Pflanzzeit für Bäume und Sträucher im Frühjahr ist nur von kurzer Dauer, und mit ihr schwindet rasch auch das Angebot in den Baumschulen. In diesem Jahr werde ich mich daher gezielt nach Kulturheidelbeeren umsehen – und nach einem Apfelbaum.
In den vergangenen Jahren galt mein besonderes Augenmerk den Himbeeren. Dabei hat sich stets bewährt, mindestens drei Sorten mit unterschiedlichem Reifezeitpunkt zu pflanzen – frühe, sommertragende und späte. Die Erfahrung lehrt, dass sich manche Sorten in meinem Garten hervorragend entwickeln, während andere von Jahr zu Jahr zunehmend schwächeln. Diesem Phänomen werde ich mich jedoch in einem gesonderten Beitrag noch einmal ausführlicher widmen.

Alternative Gärtnerei. Was bringt sie?
Wer sich mit der grundsätzlichen Planung seines Kleingartens befasst, wird unweigerlich auch über die Methoden seiner Bewirtschaftung nachdenken – womit ich auf die Wahl der passenden Anbautechnologie für die Gemüsekulturen anspiele. In diesem Bereich scheint es kaum noch Grenzen des Erfindergeistes zu geben: Während früher die klassische Fruchtfolge als Inbegriff landwirtschaftlicher Weisheit galt, schwärmen viele Zeitgenossen heute von Permakultur und einer Vielzahl alternativer Anbautechniken. Ob Mischkultur, Mulchanbau, Hoch- und Hügelbeete, Elektro- und Terra-Preta-Kultur, Effektive Mikroorganismen, vertikales Gärtnern, Aquaponik oder die No-Dig-Methode (also schlicht das Nicht-Umgraben) – das Spektrum ist breit, und mit Sicherheit ließe sich die Liste noch um einige Exoten erweitern.
Welche Zielverfolgung?
Dabei lässt sich eine durchaus amüsante Zweiteilung beobachten: Ein Teil der Gartenfreunde verfolgt mit diesen Methoden das klassische Ziel, Erträge und Bioqualität zu optimieren – mal mehr, mal weniger erfolgreich. Der andere, nicht minder engagierte Teil von Gartenfreund*innen jedoch nutzt ihren Garten (2025) mittlerweile zu oft nur als Bühne für eine ganz eigene Mission: die erzieherische Einflussnahme auf die Gesellschaft. Hier wird nicht nur gesät und geerntet, sondern es werden unterschwellig Botschaften zur Sprach-Infantilisierung und „klimaneutralen“ Ernährung abgegeben und die kohlendioxid-neutrale Lebensweise im Banner vor sich hergetragen – und das alles mit ungebremsten missionarischem Eifer.
Selbst beschäftige ich mich nur noch am Rande mit den alternativen Gartenbautechniken – obwohl darin durchaus wertvolle Ansätze enthalten sind. Inzwischen setze ich seit Jahren vermehrt „vor-konventionelle“ Methoden ein, wobei ich auf die Praktiken zurückgreife, die lang vor der Einführung von Kunstdüngern und Agrochemikalien entwickelt wurden.
Reformgartenbau. Zurück zu den Wurzeln und wenn es nur Wurzelgemüse ist…
Besser formuliert betreibe ich einen Reformgartenbau, wenn wir das Wort „Reform“ als ein Zurückgehen auf den Urzustand verstehen. Und dieser Garten- und Hackbau ohne heutige „konventionelle Methoden“ ist nun einmal Ur-Uralt; mindestens 6000 Jahre.
Meine Gärtnerei orientiert sich an den Techniken, wie sie die Menschen vor etwa 150 Jahren anwendeten – einer Zeit, in der Metropolen wie Paris (damals etwa 0,8 Millionen Einwohner) und London (rund 1,2 Millionen Einwohner) mit erstaunlicher Effizienz aus kleiner Fläche versorgt wurden.
Zur Illustration:
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bauten etwa 8.500 unabhängige Gärtner innerhalb der Stadtgrenzen von Paris auf rund 1.400 Hektar Obst und Gemüse an. Der jährliche Gesamtertrag belief sich auf geschätzte 100.000 Tonnen [2],
was einem Durchschnittsertrag von 71 Tonnen pro Hektar entspricht – oder etwa sieben Kilogramm Gemüse aller Art pro Quadratmeter Anbaufläche.
Selbst wenn wir bei uns zu Hause lediglich die durchschnittlichen Erträge der damaligen gartenbaulichen Praktiken in Europa oder China heranziehen – Regionen, die bereits einen hochentwickelten Gartenbau betrieben – beträgt der Ertrag für Gemüsepflanzen etwa 15–30 t/ha (entsprechend 1,5–3 kg/m² ). Diese Zahlen übertreffen sicherlich das, was heutzutage viele Kleingärtner erreichen.
Was könnten wir in unserem Garten ernten?
Angenommen, ein Kleingärtner bewirtschaftet heute eine Fläche von 200 Quadratmetern nach diesen historischen Standards und erreicht dabei einen Ertrag von 30 t/ha, so könnte er jährlich 600 Kilogramm Kartoffeln und Gemüse produzieren. Dies entspricht einer täglichen Menge von mindestens 1,5 Kilogramm, was nicht nur einen bedeutenden Beitrag zur Selbstversorgung leisten, sondern auch die Qualitätsstandards der Vergangenheit wiederbeleben würde.
Hühnermist, satt Pferdemist
Allerdings: Die Pariser Marktgärtner verfügten einst über einen bemerkenswerten Wettbewerbsvorteil: den unerschöpflichen Vorrat an Pferdemist, da die Automobilität noch in weiter Ferne lag. Diesen reichhaltigen organischen Substrat nutzten sie geschickt zur Kultivierung ihrer Gemüse und selbst noch zur Kultur von Champignons in den düsteren Katakomben der Stadt, wo jegliches Tageslicht fehlte.
Auch in unserer heutigen Selbstversorgungswirtschaft können wir einem ähnlichen Prinzip folgen, indem wir Hühnerhaltung betreiben. Der kompostierte Hühnerkot bietet hierbei eine außerordentlich wertvolle Düngermatrix. Neben den primären Nährstoffen Stickstoff (N), Phosphor (P) und Kalium (K) liefert er sekundäre Elemente wie Calcium, Magnesium und Schwefel, welche essentielle Funktionen in verschiedenen botanischen Prozessen übernehmen. Zudem sind Mikronährstoffe wie Zink, Kupfer, Mangan und Eisen in geringen, jedoch bedeutsamen Mengen enthalten, die das pflanzliche Wachstum nachhaltig unterstützen.
Durch die Haltung von Hühnern gewinnen wir nicht nur tägliche Eiererträge, sondern auch regelmäßig Suppenhühner und gelegentlich (wenn gewollt) Masthähnchen als Fleischquelle. Bei der Schlachtung fallen Federn ab, die im Komposthaufen verwertet werden können und dort zu einem wertvollen Phosphorlieferanten verkompostieren. Somit schließt sich im eigenen Hausgarten ein zyklischer Ressourcen-Kreislauf, der sowohl produktiv als auch nachhaltig ist. Man könnte das Permakultur nennen. Ich nenne es neuerdings „Reformgartenbau“.
Quellen und Ergänzungen
[1] Nützlich und erprobt zur Jahresplanung sind unsere „Immerwährenden Gartenkalender„.
[2] Jennifer Cockrall-King: Food and the City – Urban Agriculture and the New Food Revolution, S. 83.; https://de.wikipedia.org/wiki/Urbaner_Gartenbau
[3] Dies Pariser Marktgärtner, bekannt als „maraîchers parisiens“, spezialisierten sich auf eine maximale Ertragsausbeute pro Quadratmeter, wobei man sich interessanterweise im Bereich Obst besonders auf Erdbeeren, Himbeeren und Äpfel spezialisierte. Himbeeren erwähnte ich oben bereits und schätze sie als ein effizientes Obst, welches wir kontinuierlich in moderaten, aber kontinuierlichen, ausrechenden Mengen von Mitte uni bis Mitte Oktober zur Verfügung haben, wenn wir entsprechende Sorten pflanzen.