🌱 Heute geht es um Vicia faba, die Puffbohne. Für diejenigen, die sie in der ersten Märzhälfte gesät haben, beginnt nun die Erntezeit. Im Selbstversorger-Garten ist sie von großer Bedeutung, da sie die jetzige – immer noch gemüsearme Zeit – überbrückt. Das macht sie vor allem mit den jungen, weichen Kernen, den Speisebohnen.
In gewisser Weise übernimmt sie nun den Staffelstab von der Zuckerschote. Über letztere berichtete ich bereits vor gut 15 Tagen. Die Zuckerschoten liefern immer noch Ernten, und mit der Puffbohne wird das Frischgemüse-Angebot aus dem eigenen Garten noch abwechslungsreicher.
Was ernten wir jetzt Anfang Juni?
Wir ernten immer noch reichlich Spargel, Knoblauchblüten, Kohlrabi, erste Brokkoli (Anfang April gepflanzt) und den ersten Schnitt- oder Pflücksalat aus Aprilsaaten. Besonders erwähnenswert ist der aus Fernost stammende Spargelsalat, der besonders fleischige Stängel ausbildet. Über diesen berichte ich demnächst ausführlicher. Daneben können wir schon die allerersten Frühkartoffeln ernten, und im Gewächshaus kommen nun auch langsam die Salatgurken in den Vollertrag.
Das klingt im ersten Moment alles sehr erfreulich, doch wie bereits erwähnt, sind es noch keine Massenernten (ausgenommen Spargel). In diesem Sinne kommt es uns sehr gelegen, dass wir nun, bevor die Zucchini-Saison beginnt, diese Ergänzung an Edelgemüse haben. Ein Edelgemüse ist die Puffbohne tatsächlich. Allerdings nur, wenn wir sie ganz jung ernte. Schnell wächst sie aus diesem Stadium heraus und ist dann nur noch ein gewöhnliche Trockenbohne.
Geschichtliches zur Puffbohne
Heute möchte ich jedoch zuerst auf die Geschichte dieser Bohnenkultur hinweisen, und diese ist uralt. Sie ist so alt, ähnlich der Gemüsezwiebel, dass nicht einmal mehr eindeutig die Wildform dieser Art bekannt ist. Die Puffbohne, beziehungsweise ihre einfachere Ackerbauform, die Ackerbohne, existiert heute nur noch als Kulturpflanze.
Ursprung
Als vermutetes Ursprungsgebiet wird, wie oben bereits erwähnt, das Gebiet südlich des Kaspischen Meeres vermutet (Ursprungsgebiet etlicher Gemüsearten [1]). Genannt wird aber auch der Mittelmeerraum und Nordafrika.
Bei SCHWANITZ [1a] Finden wir auf Seite 127 die Konkretisierung, das
kleinsamigen Formen (Ackerbohnen) einem mittelasiatischen
Mannigfaltigkeits-Zentrum entspringen und die großkörnigen Formen
(Puffbohnen) entsprechend aus dem Mittelmeergebiet.
Archäologischer Nachweis
Archäologische Funde deuten darauf hin, dass die ältesten Ackerbohnensamen in einer Steinzeitsiedlung nahe Nazareth (Israel) entdeckt wurden, die auf die Zeit zwischen 6.800 und 6.500 v. Chr. datiert werden. Nach LINK [2] entstand die Kulturpflanze „vor über 10.000 Jahren an den Ufern des Euphrat (TANNO und WILLCOX, 2006).“
Diese Annahme (Lage in Flussnähe) würde begründen, warum Vicia faba relativ feuchtigkeitsbedürftig ist. Es ist also nie und nimmer eine klassischen Steppenpflanze (Zwiebel, Knoblauch), wenn wir hierbei den Blick auf Zentralasien haben. Allerdings war dort vor 10.000 Jahren das Klima wesentlich feuchter, als heute. Menschen lebten zudem auch gern an großen Flussläufen, womit in meiner Kategorisierung Vicia faba ein „Ufergebiets-Gemüse“ ist, wie zum Beispiel Kohl, Meerkohl, Sellerie und Spinat (?).
In Europa ist der Anbau der Ackerbohne seit etwa 3000 Jahren
nachgewiesen, beginnend in der späten Bronzezeit bei den sogenannten
Pfahlbausiedlern (Feuchtbodensiedlungen, Glockenbecherkultur).
Eine Liste archäologischer Funde von Ackerbohnen finden sich ich Quelle [8].
Wikinger, Germanen, Mittelalter, heute
Besonders bemerkenswert ist, dass sich die Nordseeküste in den ersten Jahrhunderten nach Christus zu einem wichtigen Anbaugebiet entwickelte, da die Ackerbohne als einzige Hülsenfrucht auf den salzhaltigen Böden in Küstennähe gedeihen konnte.
Daraus können wir mit Sicherheit schließen, dass die Vicia faba übrigens auch von den Germanen und definitiv auch von den Wikingern kultiviert wurde; allerdings nur die Form mit kleinen Bohnen als Feldbau-Kultur (beachte Notiz [3]). Diese lieferte jedoch jederzeit sichere Erträge, da der Anbau, der nur von Februar bis Juni geht, kaum Ernteausfälle durch Trockenheit bewirkt/bewirkte. Die Kultur nutzt nämlich die Feuchtigkeit der Frühjahrsmonate und ist im trockenen Hochsommer durch; also in denjenigen Monaten, in denen heute unsere Bauern zum Beispiel beim Maisanbau immer auf regenreiche Sommermonate hoffen müssen.
Im Altertum und sicher auch bereits in vielen neolithischen Kulturen Europas bis hin zu den Kelten, Germanen und Slawen und über das Mittelalter hinaus, war es üblich, Bohnenmehl zu verwenden, um das oft weniger verfügbare Weizenmehl zu strecken. Ackerbohnen wurden getrocknet, gemahlen und als Mehl in Brotbackmischungen hinzugefügt (heute auch wieder. Dieses Mehl liefert zusätzliche Proteine und Nährstoffe [8], [4a]
Noch im Mittelalter war die Ackerbohne also eines der wichtigsten Nahrungsmittel für die Mensch und zwar als kleinkernige Ackerbohne bzw. „Favabohne“ (Vicia faba ssp. faba var. minor) [4];
Daneben gab es sicher auch schon Vorläufer der dickkernigen Gemüse-Puffbohne, deren Nachkommen wir heute noch im Garten anbauen (Vicia faba ssp. faba var. faba Murat; auch V. f. major). Weiteres [5].
Die heutige Gemüse-Puffbohne im Bild mit sehr dicken Kernen wurde erst in der Neuzeit entwickelt [6]. Sie kann leicht im Garten kultiviert werden; auch das auch in Kleingärten. Ihr Platzverbrauch ist insofern gering, da sie spätestens jetzt in 14 Tagen durchgeerntet ist und ihren Platz für eine zweite Beetbestellung frei gibt. Zum Beispiel können wir sofort im Anschluss Rote Bete als Lagergemüse für den Winter säen. Weitere Möglichkeiten siehe [7].
Die jungen Kerne der Puffbohne (Speisebohne) sind roh genießbar, womit sie ganz sicher auch ein brauchbares Gemüse für Rohköstler sind.
Je ausgereifter sie sind, um so zäher werden sie und müssen dann wegen der Zähigkeit entsprechend lange gekocht werden, nicht um sie genießbar zu machen – wie das etwa bei der Gartenbohne (Phaseolus vulgaris) der Fall ist – sondern nur um sie weich zu kochen.
Vollreife Bohnen lassen sich trocken und aufbewahren. Vor der Zubereitung sind sie in Wasser einzuweichen. Die getrockneten Kerne sind auch das Saatgut für das kommende Jahr.
Die leeren Hülsen, wenn sie noch jung sind, schneide ich klein und geben sie zum Hühnerfutter hinzu (zu gekochten Körnern und Körnermehl).
Quellen und weitere Erläuterungen
[1] Das zentralasiatische Genzentrum beinhaltet neben der Ackerbohne: Saatweizen (sekundär) und Zwergweizen, Erbse, Linse, Radieschen, Spinat, Zwiebel, Knoblauch, Mandel, Birne, und Apfel.
[1a] SCHWANITZ, Prof. Dr. Franz; Die Entstehung der Kulturpflanzen; Berlin, Göttingen, Heidelberg 1957; Seite 109
Interessant ist, dass entsprechend nach der Hypothese des deutschen Wissenschaftlers Prof. Dr. Emil Werth (1869–1958) [ich habe sie hier vorgestellt], sich in diesem mittelasiatischen Mannigfaltigkeits-Zentrum der pflügende Ackerbau aus dem tropischen Hackbau heraus entwickelte. Der Hackbau war in den Tropen hoch entwickelt, doch in den kühleren Regionen nicht so erfolgreich, wie in den Tropen anzuwenden.
[2] LINK, Wolfgang; Züchtungsforschung bei der Ackerbohne:
Fakten und Potentiale; JOURNAL FÜR KULTURPFLANZEN, 61 (9). S. 341–347, 2009
[3] Es wird allgemein angenommen, dass bei den Wikingern und Germanen die klein-kernige Ackerbohne als Feldkultur angebaut wurde. Wen allerdings oben im Text SCHWNITZ [1a] auf Seite 127 zitiert ist, dass frühzeitig auch eine separate großkörnige Form existierte (Gigaswuchs?, die SCHAWNITZ als Puffbohne bezeichnet; stammend aus dem Mittelmeergebiet), dann wäre es möglich, dass schon frühzeitig eine Hackbau- oder Gartenform von Vicia faba existierte, welche auch die Germanen nutzten.
[4] Heute werden Ackerbohnen (Favabohnen) in verschiedenen verarbeiteten Lebensmitteln verwendet, einschließlich Bohnenmehl, Bohnenpasten und vegetarischen Fleischalternativen. In vielen Kulturen sind Ackerbohnen Bestandteil traditioneller Gerichte, wie zum Beispiel Foul Medames in Ägypten oder Gerichte der Levanteküche, des Nahen Ostens oder in verschiedenen Eintöpfen und Suppen in Europa.
Foul Medames (Rezept): https://web.archive.org/web/20240530114747/https://www.eat-this.org/ful-medames-aegyptische-bohnen-auf-tahin/
[4a] Ackerbohne in heutigen Brotbackmischungen. Beispiel; „Pumperbrot, Backmischung für ein Dinkelbrot mit Ackerbohnen“:
https://web.archive.org/web/20240611070448/https://www.brot-box.de/p/pumperbrot-backmischung-fuer-ein-dinkelbrot-mit-ackerbohnen
[5] Neben diesen genannten Varietäten, bzw. Unterarten in Europa existiert in Asien heute eine vierte, selbstbefruchtende Unterart: Vicia faba ssp. paucijuga (Alef.). Es ist die Schmalblättrige Ackerbohne. Sie unterscheidet sich von anderen Unterarten durch ihre spezifischen morphologischen Merkmale, insbesondere die schmaleren Blätter. Dadurch ist sie an trockene und weniger fruchtbare Böden angepasst, was sie für den Anbau in bestimmten klimatischen und geografischen Bedingungen geeignet macht. Ähnlich wie andere Ackerbohnensorten wird sie heute als hochwertige Proteinquelle ergänzend für Nutztiere wie Rinder, Schweine und Geflügel verwendet.
[6] Hier bin ich mir nicht ganz sicher und liefere die Information gegebenenfalls nach. Ich erinnere mich jedoch, davon gelesen zu haben.
[7] Mein publizierter (preiswerter) Gartenkalender und Almanach:
JACOB, Thomas; Immerwährender Gartenkalender: Band Nr. 2 – Herbstanbau von Gemüse, Dohna 2021
Weitere Literatur:
[8] HOPF, Maria; Zur Geschichte der Ackerbohne (Vicia fabe L..); 1970; Seite 306 (Quellenstudie) als PDF bei:
https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/jahrb-rgzm/article/view/40806
[9] https://web.archive.org/web/20240609213946/
https://www.julius-kuehn.de/media/Veroeffentlichungen/Flyer/Ackerbohne_IGW.pdf
[10] https://www.nutzpflanzenvielfalt.de/sites/nutzpflanzenvielfalt.de/files/publikationen/sasu08b.pdf
[11] https://web.archive.org/web/20240609224225/https://landeshauptstadt-erfurt.de/erfurter-puffbohne/
[12] https://web.archive.org/web/20240609224403/https://mittelalter.fandom.com/de/wiki/Bohne
[13] https://web.archive.org/web/20240609224503/
https://www.nutzpflanzenvielfalt.de/gem%C3%BCse-des-jahres-19981999-puffbohne
[14] https://web.archive.org/web/20240304130522/https://de.wikipedia.org/wiki/Ackerbohne
[15] BEHRE, K.-E. (2008). „Collected seeds and fruits from herbs as prehistoric food“. Vegetation History and Archaeobotany, 17(1), 65-73.
[16] RÖSCH, M. (1998). „The history of crops and crop cultivation in southern Germany from the Neolithic to modern times as evidenced by archaeological finds and palaeoenvironmental data“. Vegetation History and Archaeobotany, 7(2-3), 109-125.