Bild: Kochbuch von Martha Liess (mittig) [1] inmitten älterer nützlicher Publikationen [2].
[Hier zum 2. Teil des Blog-Artikels: „Basische Ernährung ohne Verbote“]
Arbeitstitel: Basische Lebensmittel für Fleischesser?
Gibt es etwas Faszinierenderes als alte Kochbücher, die uns nicht nur mit Rezepten, sondern auch mit den Denkweisen ihrer Zeit vertraut machen? Für mich sind sie ein Tor zu einer Welt, in der Küche und Kultur auf engste unkompliziert verwoben waren. In meiner kleinen Gartenbibliothek finden sich einige dieser Schätze, und ich weiß, wie selten es heute geworden ist, dass Menschen noch eine Sammlung solcher Werke pflegen.
Doch wer sich mit dem Gedanken trägt, diesem Trend etwas entgegenzusetzen, dem sei geraten, bei Haushaltsauflösungen Ausschau zu halten. Gerade Kochbücher, die allzu oft im Papiercontainer landen, verdienen es, gerettet zu werden.
Einen besonderen Fund möchte ich heute vorstellen: ein Kochbuch von Martha Liess aus dem Jahr 1960. Es ist ein Kleinod, das zeigt, wie tief verwurzelt das Wissen um gesunde Ernährung und durchdachte Menügestaltung bereits damals war.
Basische Ernährung: Kein Hype der Neuzeit
Wer glaubt, die Idee der „basischen Ernährung“ sei eine Erfindung der 2000er Jahre, der irrt. Bereits in diesem Buch finden sich alle wesentlichen Informationen dazu, eingebettet in ein wohldurchdachtes Konzept. Doch anders als heute, wo oft einseitig basische Lebensmittel in den Vordergrund gestellt werden, verfolgt LIESS einen ausgleichenden Ansatz.
Ihre Liste der Nahrungsmittel zeigt klar auf, welche Lebensmittel einen Basenüberschuss und welche einen Säureüberschuss im Blut erzeugen [3][8]. Bemerkenswert dabei ist, dass sie nicht auf plakative Gegensätze setzt, sondern dazu anregt, beide Gruppen in einem harmonischen Verhältnis zu kombinieren. Tatsächlich kann eine säure-überschüssige Mahlzeit mit Gemüse oder Kräutern basisch kompensiert werden!

Überraschende Erkenntnisse
Für mich, der ich mich durchaus recht gut mit Ernährung beschäftige, war eine Information dabei besonders überraschend: Blutwurst [4] – ja, die oft verschmähte Blutwurst – zählt nach LIESS zu den Basenbildnern. Ein unerwartetes Detail. Und wenn ich mir anschaue, wie die grundlegenden Daten der basischen Ernährungen erstellt werden [5], ist das auch glaubwürdig. Hier die von Martha Liess aufgeführte Übersicht. [Die in eckige Klammer gesetzten Kommentare stammen von mir]:
Nahrungsmittel mit Basenüberschuss
- Milch [Joghurt u. Frischkäse gelten heute quasi als neutral]
- Blutwurst
- Kartoffeln
- Gemüse wie Möhren, Kohlrabi
- Spinat, Zwiebeln, Rettich
- Kürbis, Paprikaschoten
- Obst (außer Nüssen und Preiselbeeren)
- [Mandeln sind die einzige basenbildende Nuss]
- Pilze
- Rohzucker [wenn auch kontrovers diskutiert]
Nahrungsmittel mit Säureüberschuss
- Fleisch und Fisch
- Eier
- Fette [Butter ist neutral]
- Quark, Käse (insbesondere Hartkäse)
- Rosenkohl
- Obst: Nüsse, Preiselbeeren
- Alle Getreidearten, inkl. Kornmais
- Alle Teigwaren [außer Brot aus gekeimtem Getreide, bzw. Brot allgemein ist fast neutral]
- Weißer Zucker
- Kakao
Noch ein kurzer kritischer Blick auf die Theorie
Natürlich müssen solche Listen im Kontext ihrer Zeit betrachtet werden. Das Konzept der „Übersäuerung“ ist wissenschaftlich nicht unumstritten. (Beispiel: Immerhin ist Sardinien eine „Blue Zone“ trotz fleischreicher Ernährung?) Doch unabhängig davon bleibt der Gedanke des Ausgleichs eine wertvolle Orientierungshilfe. Denn auch wenn es vielleicht „nichts nützt“, so schadet es mit Sicherheit nicht, bewusst mit der Auswahl unserer Lebensmittel umzugehen.

Aber: Gerade die Idee, Menüs ausgewogen zu gestalten, bietet eine sinnvolle Möglichkeit, Geschmack, Gesundheit und Genuss in Einklang zu bringen. Ich selbst werde künftig meine bewährten Rezepte noch einmal daraufhin prüfen – und wer weiß, welche Überraschungen mich dabei erwarten [5].
Der Ausgleich: So könnte man es machen…
Hier ein grobes Beispiel einer sinnvollen „basischen“ Mittagsmahlzeit:
- Empfohlene Portionsgröße: Etwa in Größe Deiner beiden Fäuste → 300 bis 500 Gramm.
- Gemüseanteil 70 bis 80 Prozent.
- Fleischanteil 20 bis 30 Prozent. Mit Vorliebe basenbildendes Gemüse und mageres Fleisch.
Zubereitung bevorzugt durch Dämpfen oder leichtes Anbraten. Mageres Fleisch wie Hähnchen oder Pute ist weniger säurebildend und sollte ruhig in kleinen Mengen genutzt werden, um das basische Gleichgewicht zu unterstützen. Der Fokus sollte vor allem auf der Qualität* der Lebensmittel und ihrer Zubereitung liegen! Hinzu kommt, dass die Ernährungsberater der Meinung sind, dass reichlich Kräuter und Gewürze wie Basilikum, Petersilie, Dill, Koriander, und Oregano basenbildend sind. Sie können helfen, den pH-Wert des Körpers in Richtung basisch zu verschieben.
Also: Was wollen wir mehr? Verwenden wir einfach nur reichlich frisches Gemüse und Edelgemüse (was mein Anbau-Konzept ist), hochwertiges Fleisch darf es geben und Unmengen an Kräutern (auch am Fenster oder auf dem Balkon zu ziehen) … und wandeln dann unsern heimischen Herd zu einer kleinen effizenten Gourmet-Küche um. Sie kombiniert mit einem Gemüsegärtchen vor dem Haus und wir müssten uns um die vielen Fragen einer basenreichen Ernährung gar nicht mehr kümmern. Die basische Ernährung wäre so eine angenehme Begleiterscheinung. Dieses Konzept umzusetzen, ist mein Vorschlag.
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*Minderwertige Lebensmittel enthalten oft weniger Vitamine, Mineralien und andere essenzielle Nährstoffe, die für eine basische Verstoffwechslung wichtig sind.
Übrigens: Warum sind Essig und Zitrone basenbildend?
Essig, insbesondere Apfelessig, und Zitrone wirken basenbildend, obwohl sie sauer schmecken, da sie im Stoffwechselprozess basische Rückstände hinterlassen. Diese pflanzlichen Lebensmittel enthalten organische Säuren** wie Essigsäure und Zitronensäure, die der Körper beim Abbau neutral zu Kohlendioxid und Wasser umwandelt. Dabei verbleiben Mineralstoffe wie Kalium, Magnesium oder Calcium, die basisch wirken und den Säure-Basen-Haushalt unterstützen. Fermentierte Lebensmittel, wie Sauerkraut oder Kimchi, enthalten ebenfalls organische Säuren und fördern die Basenbildung, da sie oft reich an Mineralstoffen sind und zusätzlich eine gesunde Darmflora begünstigen, die den Stoffwechsel positiv beeinflusst.
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**Es sind organische Säuren, die mit basischen Mineralstoffen wie Kalium, Magnesium oder Calcium gekoppelt sind, pflanzlichen Lebensmitteln, in denen organische Säuren (z. B. Zitronensäure, Essigsäure) mit basischen Mineralstoffen wie Kalium, Magnesium oder Calcium gekoppelt sind. Zwar gibt es in Fleisch auch organische Säuren, doch eine Bindung an „Basen-Mineralien“ quasi nicht. Die Säuren im Fleisch (z. B. Milchsäure) werden im Stoffwechsel zwar abgebaut, hinterlassen aber keine basischen Rückstände, sondern tragen eher zur Säurelast bei.
Quellen und Ergänzungen
[1] LIESS, Martha; Kochbuch; Bukarest 1960; Seite 12
[2] Zum Beitragsbild ganz oben. Das Gegenteil von nützlichem Wissen ist: Unnützes wissen. Was macht man damit? Die weiteren Buchtitel im Bild zum Teil verdeckt zu sehen sind:
- ZELLER, Alfred P.; Knoblauch ist gesund und schmeckt · Das ideale Heilmittel un Gewürz für die gesunde und schmackhafte Küche; München und Zürich; 1986
- RÜTTING, Barbara; Mein Kochbuch · Naturgesunde Köstlichkeiten aus aller Welt; München 1979
- ROMAVÀRY, Vilmos; Würzen Ungarisch; Leipzig 1984
- LEMNIS, Maria u. VITRY, Henryk; Altpolnische Küche und polnische Tischsitten; Warszawa 1984
[3] Zitat aus dem Kochbuch: „Schließlich muss bei der Zusammenstellung des Speisezettels noch beachtet werden, dass sich bei der Verdauung der verschiedenen Nahrungsmittel je nach denen in ihnen enthaltenen Mineralsalzen ein Überschuss an Säuren und Basen im Blut ergeben kann, der sich störend oder gar schädlich auswirkt. In einer gesunden Kost müssen sich darum die säure-überschüssigen und die basen-überschüssigen Nahrungsmittel die Waage halten.“
Wie findet man das alles heraus??? Siehe [5]
[4] Blutwurst … auch bekannt als Schwarzwurst, Rotwurst, Flönz, Griebenwurst, Schwartewurst…
[5] Bestimmung des Potentiellen Renalen Säurebelastungswertes:
Um festzustellen, ob ein Lebensmittel im Stoffwechselprozess Basen oder Säuren hinterlässt, wird der sogenannte PRAL-Wert (Potentieller Renaler Säurebelastungswert) berechnet. Dieser Wert basiert darauf, welche mineralischen Bestandteile (wie Kalium, Magnesium, Kalzium, Natrium (moderat) – basenbildend – sowie Phosphor, Schwefel und Chlor – säurebildend) im Lebensmittel enthalten sind und wie diese im Stoffwechsel verarbeitet werden. Lebensmittel wie Obst und Gemüse haben meist negative PRAL-Werte (basenbildend), während Fleisch, Fisch, Eier und Käse oft positive PRAL-Werte (säurebildend) aufweisen. Die Berechnung basiert auf chemischen Analysen des Ascherückstands nach der vollständigen Verbrennung des Lebensmittels und der Erfassung seiner mineralischen Zusammensetzung.
Wie beeinflusst es den pH-Wert des Blutes? Die säure- oder basenbildenden Stoffe aus Lebensmitteln beeinflussen den pH-Wert des Blutes nur indirekt, da der Körper den Blut-pH (normalerweise 7,35–7,45) sehr streng reguliert. Überschüssige Säuren oder Basen aus der Nahrung werden durch Puffermechanismen ausgeglichen – insbesondere durch das Bikarbonat-Puffersystem und die Ausscheidung von Säuren über die Nieren und die Atmung. Bei einer säureüberschüssigen Ernährung muss der Körper jedoch vermehrt basische Mineralstoffe wie Kalzium aus körpereigenen Reserven (z. B. Knochen) mobilisieren, um die Säure zu neutralisieren. Dies kann langfristig die Mineralstoffbilanz des Körpers belasten, auch wenn der Blut-pH konstant bleibt. Eine basenreiche Ernährung unterstützt daher die Entlastung dieser Regulationsmechanismen.

[6] Im letzten Beitrag „Im Januar Freilandgemüse säen?“ zitiere ebenfalls aus dem Kochbuch zum Vitamin D: „…eine fettlösliche Verbindung, die sich in Eidotter, Lebertran, Butter, Zitronen, Tomaten und grünen Gemüseblättern vorfindet, wo sie durch die Einwirkung der ultravioletten Strahlen entsteht. Sie regelt den Kalkstoffwechsel, ist hitzebeständig, zersetzt sich aber bei längerem Stehen an der Luft. Daher verlieren die grünen Gemüse durch längeres Lagern einen großen Teil des Vitamins D. Spinat z.B. verliert in 2–3 Stunden 60 Prozent seines D-Vitamins.“
[7] https://www.basisch-lecker.de/basische-lebensmittel-tabelle/
[8] Siehe auch die Vortragsreihe Jörg Krebber 2017 – Säuren und Basen Nr. 1 bis 5 aus dem Jahr 2017
[9] JACOB, Ludwig, Manfred; Dr. Jacobs Weg des genussvollen Verzichts · Die effektivsten Maßnahmen zur Prävention un Therapie von Zivilisationskrankheiten; Ingelheim am Rhein 2013 (von Dr. Med. Ludwig Manfred Jacob)