Vorbemerkung
🥬 Theoretisch ist der Chinakohl – botanisch: Brassica rapa subsp. pekinensis (Lour.) – ein leicht anzubauendes Gemüse. Merkwürdig ist nur, dass es so wenigen Kleingärtnern gelingt, dieses gesunde und eigentlich auch hocheffiziente Gemüse, selber erfolgreich anzubauen.
Chinakohl ist kalorienarm, aber reich an Nährstoffen. Er enthält Vitamin C, Vitamin K, Folsäure, Kalzium und Ballaststoffe. Er ist auch eine gute Quelle für Antioxidantien.
Mit “leicht anzubauendem Gemüse” ist gemeint, dass wir den Kohl (genauer gesät ist es eine sogenannten Rübse) zum Beispiel nach der Frühkartoffelernte direkt auf das Beet säen können, also nicht erst Jungpflanzen vorziehen müssen.
Sind die Pflanzen dann erst einmal aufgegangen, ist neben dem Gießen und der Unkrautbekämpfung nicht allzu viel zu tun. Etwa sechs Wochen nach der Aussaat wird ein erstes Mal moderat mit einem Stickstoffdünger gedüngt und später noch ein zweites Mal. Das ist schon alles. Dann kann der Chinakohl so lange auf dem Beet stehen bleiben, bis Nachtfröste unter vier Kältegraden auftreten.
Drei Dinge sind einzuhalten!
Allerdings sind bei diesem ganzen Prozedere folgende drei Anbaukriterien sehr wichtig. Werden sie vernachlässigt, dann misslingt der Eigenanbau. Der wichtigste Punkt hierbei ist aber der Zeitpunkt der Aussaat, der allerdings wiederum sortenabhängig und abhängig von den jeweiligen örtlichen klimatischen Bedingungen ist. Worauf müssen wir also achten?
- Der Boden (sandiger Lehm ist günstig) muss gut mit Kalk versorgt sein.
- Das günstige Zeitfenster für die Aussaat liegt in der Regel zwischen 1. und 10. Juli. Gesät wird flach (bis 1 cm tief), da die Art ein Lichtkeimer ist.
- Besonders nach dem Auflaufen der Saat (ca. 12 Tage nach der Aussaat) sollten wir beginnen, die Erdflöhe bekämpfen, die sich oft sofort über die jungen Pflänzchen hermachen, was wir am Lochfraß erkennen.
Die Sämlinge können (müssen aber nicht) später verpflanzt werden. Am Ende sollten sie allseitig 40 Zentimeter Platz voneinander haben. Damit ist schon alles gesagt.
Das Wichtigste ist der Zeitpunkt der Aussaat
Wie ich oben bereits bemerkte, ist meine Erfahrung, dass wir unbedingt den genannten Zeitpunkt der Aussaat einhalten sollten. Natürlich wird es auch noch zurechtkommen, wenn wir – heute zum 10. Juli den Beitrag gelesen – es erst schaffen, den Samen zu besorgen und am Wochenende zu säen. Letztlich geht es auch darum, dass wir für unsere örtlichen Verhältnisse den optimalen Termin herausfinden, sowie die optimale Sorte.
Nicht bis August warten!
Ich wiederhole es noch ein mal – auch wenn überall in Büchern und im Internet zu lesen ist, dass wir bis Anfang August säen können, so gilt das nicht für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Momentan ist es mir noch ein Rätsel, woher diese Angaben kommen. Ich kann es mir nur so erklären, dass das nur mit speziellen „Frühsorten“ (siehe unten) möglich ist. Diese jedoch, fand ich bei den Saatgut-Händlern bisher nicht im Sortiment.
Chinakohl schießt in den Samen?
Wir lesen auch oft, dass der Kohl, wenn er vor Mitte Juli gesät wird, in den Samen schießen würde. Das trifft allerdings nur auf die Aussaat im Frühjahr zu. Und zwar hat das etwas mit der sogenannten Vernalisation zu tun. Wenn die Temperaturen beim Chinakohl in der Aufzucht- und Jugendphase (von der Keimung der Samen an) längere Zeit unter 16°C fällt, dann schießt er tatsächlich, wobei der Temperaturbereich von 5–8°C am problematischsten ist. Wenn es in diesem Jahr auch lange Zeit recht kühl war, so ist doch anzunehmen, dass die Temperaturen im Juli nicht mehr das Problem sein sollten.
In der Praxis ist es natürlich so, dass allein schon durch die Urlaubszeit der Juli für die Aussaat verstrichen und unser diesjähriges Chinakohl-Projekt ins Wasser gefallen ist. Das muss aber nicht sein. In diesem Falle lade ich zu einem Experiment ein.
Chinakohl, wenn er Anfang August gesät wurde, bildet zwar kaum noch brauchbare Köpfe aus, doch haben diese relativ jungen Pflanzen die Eigenschaft, dass sie den folgenden Winter ganz gut überstehen. Die Besonderheit des Kohls ist, dass er dann spätestens im März, sobald das Frühjahr Wärme bringt, dicke, kurze Blütenstängel schießt. Im Prinzip sind das kleine “Brokkoli-Blüten”, die wir ernten können. Ich habe mir für dieses Jahr fest vorgenommen, extra erst im August eine Saat dafür zu machen. Die Anregung dafür fand ich in einem koreanischen YouTube-Video, welches ich hier auf meinem Blog (9. Mai 2024) vorgestellt habe.
Übrigens: Eine geniale koreanische Idee → Chinakohl + Herbstrettich = Kimchi
Bleibt zu erwähnen, dass die Koreaner diejenigen sind, die vom Chinakohl-Anbau vermutlich die meiste Ahnung haben, allein schon wegen der Kimchi-Fermentierung, welche dort eine uralte Tradition ist. Die Hauptzutat für dieses “Sauerkraut” ist ja gerade der Chinakohl. Die zweite Hauptkomponente ist der Herbstrettich, der ebenfalls jetzt gesät wird, womit die Kimchi-Herstellung eng mit dem Anbau dieser beiden sehr ertragreichen Herbstgemüse verwoben ist. Die effektive Nachnutzung der Anbaufläche und das koreanische Kimchi (koreanisch 김치) ist genau genommen, als eine in sich geschlossen Komponente zu sehen. Das wiederum ist ein Aspekt der Selbstversorgungswirtschaft, den ich ganz bestimmt noch einmal gesondert aufgreifen werde.
Die Wahl der Sorte
Was die richtige Sortenwahl betrifft, so rate ich, für den Anfang wenigstens zwei oder drei verschiedene zu wählen. Einerseits habe ich bemerkt, dass die Qualität des Saatgutes (Keimfähigkeit) manchmal sehr zu wünschen übrig lässt. Andererseits scheint mir das Wuchsverhalten wirklich sehr auf spezielle klimatische Bedingungen abgestimmt zu sein. Vermutlich wird im Norden, wo die Standortverhältnisse maritim geprägt sind, jede Sorte gut gedeihen. Dort, wo es mehr kontinental (also im Hochsommer trocken und heiß) ist, braucht es längere Zeit die geeignete Sorte zu finden – was etwa bei uns der Fall ist [2]. Neu ist bei mir in diesem Jahr die Sorte ‚Cantoner‘ (für die Direktsaat) und die Sorte ‚Michihili‘ für die Jungpflanzenanzucht in der Anzuchtkiste, siehe [2].
Unterschiedliche Reifegruppen
Was mir bisher noch gar nicht bewusst war, ist der Umstand, dass die verschiedenen Sorten, die im Profibereich Anwendung finden, nach Reifegruppen eingeteilt werden. Die Entwicklungszeiten der Pflanzen bei den verschiedenen Sorten liegen (nach der Pflanzung gerechnet) zwischen 45 und 75+ Tagen. Im Umkehrschluss heißt das natürlich, dass wir es – ähnlich wie bei den Kartoffeln – mit schnellwüchsigen und langsamer wachsenden (ertragreichere) Sorten zu tun haben. Im Samenhandel für den Hobbybereich scheint mir das jedoch kaum thematisiert zu sein. Immerhin, auf der Samentüte der roten Sorte ‘Scarvita’ ist die Entwicklungszeit genannt. Dort liegt sie bei 85 bis 100 Tagen, was sie als “Spätsorte” ausweist:
Hier habe ich noch einmal die Reifegruppen herausgesucht, wie sie im professionellen Gartenbau üblich sind. Sie beziehen sich nicht auf die Zeit von Aussaat bis Ernte, sondern auf die Entwicklungszeit vom Setzen der Jungpflanzen bis zur Ernte (nach [1] Seite 360)
- früh – 45 bis 60 Tage
- mittelfrüh – 60 bis 70 Tage
- mittelspät – 70 bis 75 Tage
- spät – über 75 Tage Entwicklungszeit
Literatur und weitere Bemerkungen
[1] Laber H. / Lattauschke G.; Gemüsebau; Stuttgart (Hohenheim) 2020; Seite 358 ff
[2] Chinakohl mag keine heiß-trockene Sommer, wie sie auch bei uns (Raum Dresden) manchmal auftreten. Ich habe in diesem Jahr neben der Direktsaat das erste Mal eine Charge Samen im Anzuchtkasten ausgesät. Die Kiste habe ich an einem kühlen, mittags etwas überschatteten Platz stehen. Hier sind die Jungpflanzen auch vor den Erdflöhen (Psylliodes) verschont, so hoffe ich.
Das mag nun alles vorteilhaft sein, doch halte ich die Direktsaaten für zweckmäßiger und „bequemer“.
Wird der Sommer heiß und trocken, dann ist der Plan, die Beete leicht zu überschatten. Informationen – was dann geworden ist – erfolgen hier auf dieser Seite als Nachtrag.
Bildquelle (gemeinfrei), Beitragsbild ganz oben: https://de.wikipedia.org/wiki/Chinakohl#/media/Datei:Napa_cabbages.png
[TJ.24.20]