Bild oben: Der unbesiegbarer Sonnengott in seinem Himmelswagen. Symbolbild.
Arbeitstitel: Der heidnische Sol Invictus-Kult und seine Wandlung zur christlichen Staatsreligion im römischen Weltreich
Wer sich näher mit unserem heutigen Kalender und den traditionellen abendländischen Feiertagen beschäftigt, wird sicherlich wissen, dass der Weihnachtstag – also der 25. Dezember – in der Antike ein römisch-heidnischer Feiertag zu Ehren des „Sol Invictus“ – des „unbesiegbarer Sonnengottes“ – war. Es ist auch allgemein bekannt – und von Seiten der Kirchen nicht bestritten – dass die frühe römische Kirche mit ihrer Erhebung zur Staatsreligion diesen heidnischen Feiertag bald mit dem heut noch üblichen Weihnachtsfest zur Geburt Christi eher willkürlich besetzte. So viel zu diesem Stück Allgemeinwissen.
Das Merkwürdige daran ist jedoch, dass über dieses Trivialwissen hinaus in unserer Bevölkerung kaum mehr bekannt ist, obwohl beispielsweise ein recht gut ausgearbeiteter Wikipedia-Artikel zu diesem Thema existiert. Immerhin hat dieser Sol-Invictus-Tag – und damit meine ich natürlich die Idee, die dahinter stand – viel mit der Christianisierung des Abendlandes zu tun. Mehr als wir glauben.
Doch ehrlich gesagt halte ich das gar nicht so sehr für „merkwürdig“. Der Grund, warum das Wissen um diese Dinge kaum Beachtung findet, liegt offen zutage – und Wikipedia ist ein Beispiel dafür: Dieses Wissen wird uns fragmentarisch präsentiert (siehe dazu meinen Blog-Artikel: „Fragmentiertes Wissen“, 14.10.24). Sowohl im Wikipedia-Artikel als auch im allgemeinen Schulwissen fehlt das zusammenfassende Fundament, um die vielen einzelnen Rohdaten zu einem kohärenten Wissensgebiet zusammenzufügen und sich damit auch nutzbringend merken zu können. Um das Thema ein wenig besser zu verstehen – auch für mich selbst – präsentiere ich hier meine erste Recherche in der Form, dass ich zunächst einmal die vielen fragmentarischen Informationen, die allgemein vorhanden sind, in einen logischen Zusammenhang bringe:
Der Sol Invictus-Kult, eine Retorten-Religion
Der Sol Invictus-Kult („unbesiegbarer Sonnengott“) war eine in der Spätantike etablierte Religion, die unter Kaiser Aurelian (270–275 n. Chr.) offiziellen Status erlangte. Er errichtete dem Sonnengott ein prächtiges Heiligtum und führte den besagten Kult als universalen Staatskult ein. Aurelian präsentierte sich selbst als dessen irdischer Vertreter, um die Einheit und Stabilität des Reiches zu sichern.
Der Sonnengott wurde – und er konnte auch rein symbolisch-philosophisch aufgefasst werden – als lebensspendende und kosmische Macht verehrt, die alle anderen Gottheiten überstrahlte. Sein Kult vereinte Elemente verschiedener Religionen, darunter den syrischen Elagabalus [1] und den Mithras-Kult, und wurde durch kaiserliche Propaganda gefördert. Sol Invictus diente sowohl als Schutzgott des Kaisers als auch als Symbol einer einheitlichen religiösen und politischen Ordnung, ohne jedoch den traditionellen Polytheismus vollständig zu ersetzen. Zudem war der Sol Invictus-Kult so konzipiert, dass er universell interpretiert werden konnte.
Die Einführung, Förderung und Modifizierung der Religion des Sol Invictus war ein bewusstes politisches und kulturelles Projekt einer römischen Elite. Sie zielte darauf ab, das römische Reich durch eine einheitliche, moderne Religion zu stabilisieren. Dabei wurde eine Balance zwischen einfacher, volksnaher Religiosität und tiefgründigem Mystizismus geschaffen, die verschiedene gesellschaftliche Schichten ansprach. Dieses Konzept könnte auch als eine frühe Form eines „staatlich gesteuerten Synkretismus“ verstanden werden, der pragmatische politische Ziele mit religiösen Bedürfnissen verknüpfte. In diesem Konzept war es sogar möglich, den Sol Invictus-Kult als eine Form von Monotheismus zu interpretieren, wenn auch nicht im strengen Sinne der heutigen Definition. Vielmehr bot der Kult eine flexible Grundlage, auf der verschiedene Strömungen, die zu einer universellen göttlichen Macht tendierten, ihren Ausdruck finden konnten.
Der Sol Invictus-Kult und das Christentum
Um meinen Gedankengang klar darzustellen: In diesen Modellierungsprozess einer universellen Staatsreligion wurde schließlich – ob geplant oder ungeplant – auch das Christentum einbezogen. Und ganz am Ende dieses Prozesses (ursprünglich war war vermutlich so nicht geplant) stand der Wandel zur christlichen Staatsreligion. Der Wandel vollzog sich am Anfang relativ langsam und unauffällig und zum Ende hin in wenigen zügigen Transformationsschritten. Es war ein Umbruch und Übergang, den vermutlich nicht einmal die führenden Köpfe der entstehenden römischen Kirche vollständig erkannten. In der Wissenschaft gilt dies heute als eine grundlegende Annahme – eine Annahme, die jedoch nur selten klar und deutlich ausgesprochen wird.
Konstantins Machtkonzept: Einheit des Reiches
Der römische Kaiser Konstantin (von 306 bis 337 römischer Kaiser) verfolgte nach seiner errichteten Alleinherrschaft – nachdem er im Herbst 324 seine Rivalen in einer Reihe von Bürgerkriegen besiegt hatte – das Ziel, das Römische Reich unter einer einzigen Herrschaft zu vereinen. Dies war eine Abkehr von der bisherigen Tetrarchie [2] im Reich. Merkwürdigerweise war für Konstantin hierfür die junge römische Kirche, zuminst teilweise, ein Mittel zu Zweck: Bereits seit dem Jahr 313 garantierte er mit seiner Mailänder Vereinbarung die Religionsfreiheit der Christen, die sich bis dahin teils brutaler staatlicher Verfolgung ausgesetzt sahen. Das war ein genialer Schachzug, denn inmitten von einer nicht kalkulierbaren Anhängerschaft und vieler ihm noch feindlich gesinnten Römern, konnte sich Konstantin nun der Loyalität der Christen im Reich sicher sein. Etwas überspitzt gesagt, schuf er sich mit der Mailänder Vereinbarung ein neues loyales Staatsvolk. Und für diese Zwecke begann er vorausschauend sofort nach seiner Machtergreifung den bestehenden christlichen Volksglauben in das Korsett einer staatlich kontrollierbaren Religion zu transformieren [3].
Das tat er, indem er offensichtlich vorausschauend gut geplant im Jahre 325 das von ihm gelenkte Kirchenkonzil von Nicäa einberief, an dem gut 2000 führende Köpfe, Bischöfe und Kleriker, der jungen Kirche teilnahmen. Auszuführen, in wie weit sie sich auf ein gemeingültiges, christliches Lehrgebäude einigen sollten, ist bekannt und muss hier nicht weiter ausgeführt werden.
Worauf ich in jedoch besonders hinweisen möchte, ist folgendes. Konstantin gab vor, die Spaltung der christlichen Lehrmeinung in ihrer Breite beenden zu wollen und damit die Spaltung der Kirche quasi in ihrer horizontalen Struktur zu beenden. Doch bewusst oder unbewusst, begann er damit – und das fast unbemerkt – einen für die Christen neuen, noch unbekannten Spaltkeil in die Gemeinden zu treiben. Dieser Keil setzte an ihrer vertikalen Struktur an und das einfach nur dadurch, dass er Gastgeber des Konzils war. Damit stärkte er die Bedeutung der Lehrer und Bischöfe bedeutend und hier und dau wohl auch den Ehrgeiz einiger Leute. Und durch deren kaiserliche Autorisierung begann spätestens ab dem Konzil von Nicäa der schleichende Prozess der Etablierung einer intellektuellen Führungs- und Oberschicht in der christlichen Kirche.
Christliche Goten und Perser
Heute geht man davon aus, dass die oben umrissene Transformation auf die Christen im Zentrum des römischen Reiches abzielte. Meine Beobachtung ist jedoch, dass auch auf das periphere Christentum (in Bezug auf das römische Imperium) geschaut wurde und es gleichfalls „unter Kontrolle“ gebracht werden sollte. Das betraf Nordafrika und Armenien, Georgien und besonders Anatolien (mit seinen keltischen Kultureinflüssen). Im Zusammenhang mit Anatolien spielten zu Konstantins Zeiten aber auch schon die arianisch-christlichen Goten (Germanen) eine bedeutende Rolle, die in der bereits angelaufenen Völkerwanderung plündernd ins römische Reich drängten.
Die Goten in Anatolien
Besonders was die Goten angeht, so war es doch so, dass zwischen 257 und 268 von ihnen das bereits stark christlich geprägte römische Kleinasien temporär erobert wurde. Im Jahre 257 durchfuhren die Goten erstmals den Bosporus und nahmen eine Reihe von kleinasiatischen Städten ein und plünderten 258 Kappadokien. Im gleichen Jahr griffen sie die Stadt Ephesos an. 268 drang eine große gotische und herulische Flotte* im Verbund mit starken Landstreitkräften gegen die spätere Reichsstadt Byzanz vor, durchquerte die Dardanellen und fiel plündernd auf der Peloponnes ein.
* Die Herulen waren seeräuberische Germanen im Schwarzen Meer
Fraternisierung mit den verfolgten römischen Christen?
Nun ist es aber so: Die Goten waren Feinde des Römischen Reiches. Waren sie aber auch Feinde der Christen in Anatolien? Vermutlich weniger. Es ist durchaus denkbar, dass viele der Christen im Reich, den Goten eher wohlgesonnen waren. Das wäre ein bisher kaum beachtetes Phänomen. Bedenken wir nur, dass faktisch zeitgleich mit der gotischen Invasion von Kaiser Valerian ausgehend, eine heftige staatliche Christenverfolgung im Römischen Reich stattfand (257–258). Also waren die einfallenden Goten für die Christen wohl eher die Erlöser. Dieser Konflikt glättete sich später mit der Förderung der Christen durch Kaiser Konstantin und auch außenpolitisch ergaben sich damit in der Folge auch Anknüpfungspunkte hin zum Reich der Ostgoten, spätestens im Gotenkrieg (376–382) [4].
Persien
Neben den Goten gab es aber noch einen weiteren Konfliktpartner in dieser Region und das waren die Perser (Sāsānidenreich). Und auch hier besaßen die Christen eine Schlüsselposition, da die persische Herrscherelite ihr Reich von Christen unterwandert sahen, mitdem auch die Christen im Neuperischen Reich verfolgt wurden. Und so hatte die Hinwendung des römischen Kaisers zum Christentum immerhin den Vorteil, dass er seinen geplanten Krieg gegen die Perser vorgeblich mit dem Schutz der dort lebenden Christen begründete.
Divinisierung !?
Doch Konstantin verstarb während dieser Kriegsvorbereitungen und erhielt noch auf dem Sterbebett die christliche Taufe vom arianischen Bischof Eusebios von Nikomedeia. Nach römischer Tradition wurde er posthum aber auch zum Gott erklärt. Genauer gesagt: Nach seinem Tod im Jahr 337 wurde Konstantin durch einen Senatsbeschluss in den Stand eines divus erhoben. Dies bedeutete, dass er in den Pantheon der römischen Götter aufgenommen wurde und ihm ein Kult gewidmet wurde. So viel zur Definition.
Konstantins Divinisierung ist bemerkenswert, weil er immerhin ein christlicher und der erste christliche Kaiser war, der eine solche Ehrung erhielt. Diese göttliche Erhebung blieb auch nach Konstantin in christlicher Zeit noch gut hundert Jahre lang Praxis! Kaiser wie Julian Apostata (361–363 n. Chr.) und Theodosius I. (379–395 n. Chr.) wurden posthum ebenfalls als divi verehrt. Eine der letzten dokumentierten Divinisierungen war die von Kaiser Theodosius II. (408-450 n. Chr.), dessen Titel divus auf Münzen und in Inschriften bestätigt wurde. Nach ihm wurden solche Ehrungen deutlich seltener.
Die Divinisierung wurde oft durch spezielle Münzprägungen markiert, die das Bild des Kaisers mit dem Titel divus trugen und Symbole wie den Adler (Zeichen für den Aufstieg in den Himmel) oder den Scheiterhaufen (der die Verbrennung und Aufnahme in die Götterwelt symbolisierte) zeigten.
Interessant ist, dass sich diese Symbolik in der Neuzeit noch zur Zeit der Romantik wieder findet. In diesem Falle (Bild) im Landschaftspark Seifersdorfer Tal nördlich von Dresden. Dort findet sich ein Denkmal, das dem Herzog Leopold von Braunschweig (1752–1782) gewidmet ist. Dieser kam ertrank im Alter von 32 Jahren bei der großen Oderflut von 1785, wo er sich an den Hilfseinsätzen beteiligen wollte. Auf dem Denstein finden wir die Worte:
DER ADLER BESUCHT DIE ERDE
DOCH SAEUMET ER NICHT
SCHÜTTELT VOM FLÜGEL DEN STAUB
UND KEHRT ZU SONNE ZURÜCK
— Damit soll dieser doch etwas ausgeuferte Beitrag zum Sol Invictus-Feiertag, dem 25. Dezember, vorerst beschlossen sein. Wenn ich im Beitrag oben angedeutet habe, dass mit dem Sol Invictus-Kult die christliche Religion als Staatsreligion eine gewisse Transformation erhalten hat, so könnten wir in einem späteren Blog-Artikel sicher noch untersuchen, ob in der Folge dann nicht auch das Christentum heidnische Religonen oder Religiosität transformiert hat. —
Quellen und Erläuterungen
Wie im Beitrag bereits erwähnt, stütze ich mich ausschließlich auf allgemein bekannte Quellen, die ich in diesem Beitrag in einen spezifischen Kontext einordne – zum Beispiel:
- https://de.wikipedia.org/wiki/Sol_(römische_Mythologie)
- https://de.wikipedia.org/wiki/Konstantin_der_Große
- https://de.wikipedia.org/wiki/Erstes_Konzil_von_Nicäa usw.
und: HEUSSI, Karl; Kompendium der Kirchengeschichte; Tübingen 1991
[1] Der römische Kaiser Elagabal (218–222 n. Chr.) war ursprünglich Priester des Sonnengottes Elagabalus in Emesa (Syrien) und versuchte, diesen Gott als zentrale Gottheit des Reiches zu etablieren. Obwohl seine Bemühungen später als exzentrisch abgelehnt wurden, legte er den Grundstein für die zunehmende Verehrung von Sonnengottheiten.
[2] Tatsächlich stand – und das ist allgemein kaum bekannt – Konstantin ein dreigeteiltes Machtkonzept entgegen, das in der Spätantike als „Tetrarchie“ bekannt wurde. Vor ihm, speziell unter Kaiser Diokletian (284–305 n. Chr.), wurde das krisengeschüttelte Römische Reich in ein System von vier Herrschern aufgeteilt, um das riesige Imperium effizienter zu verwalten und gegen innere und äußere Bedrohungen zu stabilisieren: Zwei Augusti. Diokletian und Maximian, die beide den Titel „Augustus“ trugen, also die höchsten Herrscher. Zwei Caesares. Galerius und Constantius Chlorus, die als „Caesares“ agierten, also als Stellvertreter und zukünftige Augustus-Kandidaten, die das Reich zusätzlich in zwei administrative Teile aufteilten.
[3] Vollständige Institutionalisierung der römischen Kirche ist etwas zwischen dem 4. und 6. Jahrhundert anzusetzen. Im Jahre 380 wurde das Christentum durch das Edikt von Thessaloniki (unter Kaiser Theodosius I.) zur Staatsreligion des Römischen Reiches. Dies führte zu einer systematischen Integration der Kirche in die staatlichen Strukturen, mit festgelegten Ämtern und einer Hierarchie (Papst, Patriarchen, Bischöfe). IN dieser Zeit wurden kirchliche Gesetze (Kanonisches Recht) entwickelt, Synoden und Konzilien institutionalisiert und Bischöfe als regionale Verwalter etabliert. Der Bischof von Rom (Papst) gewann schrittweise an Bedeutung, insbesondere nach dem Zerfall des Weströmischen Reiches (476).
[4] Die Ankunft der Hunnen im Jahr 375 n. Chr. zwang viele Goten, vor allem die Ostgoten, sich entweder den Hunnen zu unterwerfen oder westwärts in römische Gebiete zu flüchten. Dies führte zu einer neuen Welle von Spannungen und Konflikten, da die Goten um Asyl im Römischen Reich baten und dort oft schlecht behandelt wurden. So kam es von 376 bis 382 zu einem kriegerischen Konflikt, dem Gotenkrieg (376–382): Die Schlacht von Adrianopel (378 n. Chr.), bei der der römische Kaiser Valens getötet wurde, markiert einen Höhepunkt dieser Feindseligkeiten. Sie zeigte, wie gefährlich die Goten für das römische Militär sein konnten. Der Krieg endete mit dem Frieden von 382*, der den Goten innerhalb des Reiches eine Art Föderatenstatus gewährte, was eine Form der Integration und gleichzeitig Kontrolle durch Rom darstellte.
*Bedenken wir, dass in Rom ab 380 das Christentum Staatsreligion war, was den Friedensschluss 382 mit den überwiegend arianisch-christlichen Goten sicher erleichterte. Das gab den pragmatischen Vorteil, dass Christen, auch wenn sie arianisch waren, weniger als Bedrohung für die römische Ordnung betrachtet wurden als heidnische Barbaren.
Ein Nachtrag
Der Sonnen-Kult in vorgeschichtlicher Zeit
In meinen oben stehenden Ausführungen habe ich die Brücke von der römischen Sol Invictus-Religion in die damalige Zukunft geschlagen und angedeutet, dass zum Ende des 4. Jahrhunderts vermutlich ein teils geplanter, nahtloser, metamorphoser Übergang zur abendländisch-christlichen Staatsreligion stattfand.
Eine ähnliche Sicht möchte ich auch in Bezug auf die Vergangenheit vorschlagen. Hier steht die konkrete Frage im Raum, in welchem Zusammenhang der Sonnen-Kult in vorgeschichtlicher Zeit – etwa in der Jungsteinzeit (Neolithikum) – mit gesellschaftlichen Religions- und Machtsystemen verbunden war. Immerhin scheint es so zu sein, dass der Sonnen-Kult mit denjenigen Kulturen in Verbindung zu bringen ist, die vorzugsweise vom Ackerbau lebten, also Ackerbau-Kulturen und nicht die sogenannten Hirten-Nomaden. Die alten Ackerbau-Kulturen und ihre Entstehung ist hier auf dem Inhortas-Blog schon vielfach thematisiert. Mit deren Etablierung ist dann aber auch die Entstehung der Kalender, Jahresfeste und Religionen verbunden und somit ist das Gartenbau-Thema mehr mit diesen religionsphilosophischen Aspekten verbunden, als mancher Leser meinen mag.
Eines der schönsten Beispiele dieser uralten Sonnenverehrung und Sonnen-Religion finden wir in der mitteldeutschen, sogenannten Schönfelder Kultur der ausgehenden Jungsteinzeit (2900 bis 2100 v. Chr.). Sie verbrannten ihre Toten [2] und legten deren Asche in „luftige“, schalenförmige Urnen, die sie mit Sonnenstrahlen ähnelnden Verzierungen schmückten. Hier steht wohl der Gedanke dahinter, dass mit der Verbrennung und dem aufsteigenden Rauch der Verstorbene in lichte Sphären aufsteigt (siehe dazu oben auch das Kapitel Divinisierung). Das ist umso interessanter, da in jener Zeit die Feuerbestattung das besondere Merkmal der Schönfelder Kultur war, während die umgebenden Kulturen vorzugsweise die Erdbestattung praktizierten [3]. So viel zum rückblickenden Aspekt der Sol Invictus-Religion.
Literatur mit Bildmaterial und Video:
brandenburgikon.net/index.php/de/sachlexikon/schoenfelder-kultur
archaeologie-online.de/videos/video/sonnensymbolik-der-schoenfelder-kultur/
Postskriptum
Am Ende fragen sich vielleicht einige Leser noch, ob die Beschäftigung mit diesem Thema für uns heute ein nutzbringendes Wissen darstellt – also kein unnützes Wissen ist?
Ich denke schon. Gehen wir nämlich davon aus, dass der Sol Invictus-Kult eine künstliche, verwandelte Neugestaltung alter Religiosität darstellte – das bis in die antike christliche Kirche hinein – und eine zweckverfolgende Religion schuf, so stellt sich die Frage, ob sich so etwas auch wiederholen kann. Die Idee, dass heutzutage durch verschiedene elitäre Kreise eine neue Weltreligion etabliert werden soll, ist keine Verschwörungstheorie. Immerhin befassen sich Pressestimmen wie die der Augsburger Allgemeinen (Quelle unten) ohne Scheu und unverhohlen derzeit mit diesem Thema: „Peter Sloterdijk: Eine Klimareligion als letzte Weltreligion“ (23.12.2020). Wie sich die Sache auch weiter gestalten wird, die großen Kirchen stellen sich diesen Gedanken nicht entgegen. Ganz im Gegenteil, und natürlich ist diese Sache mit dem Klima nur ein Nebenaspekt dieser neu geschaffenen Religiosität.
Nun heißt es ja in intellektuellen Kreisen: „Geschichte gleicht sich nicht, aber sie reimt sich“, was fälschlicherweise Mark Twain zugeschrieben wird. Aber ich glaube das nicht. Geschichte wiederholt sich…
Quelle:
SCHÜTZ, Wolfgang; Schütz; augsburger-allgemeine.de, 23.12.2020; „Peter Sloterdijk: Eine Klimareligion als letzte Weltreligion“ Der Philosoph Peter Sloterdijk erklärt, warum Religion heute erstmals nutzlos ist – und frei. Er wirft Corona-Leugnern vor, sie verraten die Empathiegemeinschaft.
Der gekürzte Beitrag vom evangelischen Pressedienst (epd) auf evangelisch.de (unkommentiert).
Diese Quelle ist ein Einzelbeispiel zur Thematik.